Sonntag, 20. Januar 2019

Mein Schlorzifladen



Als Kind war es für mich gang und gäbe, zum Kartoffelsalat einen oder zwei St. Galler Schöblig zu verdrücken. Chäsmaggronen waren nur geniessbar, wenn sie einen grosszügigen Anteil Appenzeller Rässchäs enthielten. Zwischen Weihnachten und Neujahr gab es Taflevögel, Biber und Chäsfladen zum Zmorge, ab und zu auch ein Stückchen Mandelfisch. Nachdem unsere Grosstante altersbedingt vor über einem Vierteljahrhundert ihre Bäckerei in Appenzell Ausserhoden aufgegeben hatte, blieb das heiss ersehnte Postpaket mit dem festtäglichen Gebäck aus. Die unregelmässigen Verwandschaftsbesuche bescherten uns zwar noch Käse, weiche Nidlezältli, Würste aus der Metzgerei Koller und zwischendurch auch einen Chäsfladen (der von der Grosstante blieb allerdings unerreicht), aber nach dem Tod unseres Vaters verschwanden auch diese Köstlichkeiten schlagartig vom Speiseplan. Übrig blieb einzig der Appenzeller Käse, der aber in der vakuumierten Version nur ein Abklatsch der frisch vom Laib abgeschnittenen Scheiben aus der Dorfkäserei war und ist. 


Erst unsere Herbstferien im Appenzellerland haben mir wieder die Augen geöffnet, für all die vielen guten Dinge aus der Ostschweiz, die meine Kindheit kulinarisch bereichert haben. Und für die vielen guten Dinge, die das rotzfreche Balg nicht einmal unter Zwang angerührt hätte, das erwachsene Ich aber nicht mehr missen möchte, wie Wacholderlatwerge, Biberfladen, Geissechäs, Södwürscht, Berewegge und Schlorzifladen. 


Für eine runde Wähenform mit 30 cm Durchmesser:

  • 500 gr Weichspeckbirnen
  • 300 gr Rotwein (io: Montepulciano d'Abruzzo)
  • 1 kleinfingergrosse Zimtstange 
  • 1/2 Sternanis
  • 2 El Birnenschnaps
  • je 1/8 Tl Nelken- und Pimentpulver
  • 25 gr Birnendicksaft

Birnen kurz abbrausen, danach gut abtropfen lassen. Entstielen und jede Frucht vierteln. Kerne entfernen. Birnenviertel, Wein, Sternanis und Zimtstange in einem Topf unbedeckt etwa 10 Minuten kochen, bis der Rotwein etwa auf die Hälfte reduziert ist. Topf vom Herd nehmen, Deckel auflegen und eine halbe Stunde durchziehen lassen. Gewürze entfernen, gekochte Birnenstücke samt Flüssigkeit in den Mixbecher umfüllen. Schnaps, Nelken- und Pimentpulver zugeben. Mit dem Stabmixer fein pürieren. Abschliessend Birnendicksaft mit einem Löffel unterrühren. Probieren und ggf. mit mehr Birnel nachsüssen. Zur Seite stellen und auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Unterdessen den Ofen vorheizen und den Guss zubereiten.


Guss:
  • 200 gr Sahne
  • 150 gr Rahmquark oder Sahnetopfen
  • 2 Eier Grösse L
  • 40 gr Zucker
  • 1/4 Tl Aniskörner, fein zermörsert
  • 1/2 Tl fein abgeriebene Zitronenschale
  • Dinkelkuchenteig mit Vollkornanteil, ausgewallt (z.B. aus der Migros)*

Ofen auf 190 Grad vorheizen, Gitter auf der untersten Schiene einschieben. Sahne mit dem Rahmquark glatt rühren, dann Eier, Zucker, Anis und Zitronenschale untermischen. Kuchenteig mit dem anhaftenden Backpapier in die Form legen. Birnenmasse gleichmässig darauf verstreichen, den Guss darüber giessen. Etwa 50-55 Minuten backen, bis die Oberfläche eine goldbraune Farbe angenommen hat. Zimmerwarm servieren. 

*Kann durch gekauften oder selbst gemachten Kuchenteig aus Weizenmehl ersetzt werden. Von Blätterteig ist abzuraten, der weicht zu schnell durch. Hefeteig ist eine aufwändigere Option.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

In der wunderbaren Liste an Ostschweizer Spezialitäten fehlen mir die 'Speckbröcke'... Der Schlorzifladen ist aber grossartig.
Gruss Bea

Peggy hat gesagt…

Wacholderlatwerge, Biberfladen, Geissechäs, Södwürscht, Berewegge und Schlorzifladen … ich glaub, ich brauch ein Wörterbuch! :-) Das Rezept deines Schlorzifladens scheint auch für Nichtschweizer nachbackbar. Den Zutaten und Gewürzen nach, klingt es so, als könnte es mir schmecken. Sehr sogar.