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Sonntag, 5. August 2018

Muffins mit Wildpflaumen



Vor der Werkstatt meines Grossvaters wuchs früher ein Obstbaum, der sich jedes Jahr unter der Last seiner Früchte bog. Roh waren die murmelgrossen Dinger, von uns Wildpflaumen genannt, kein Genuss. Ihre Schale war zäh, das Innere eher geschmacksarm und das Fruchtfleisch liess sich kaum von den Steinen lösen. Erst durch Erhitzen entfaltete sich eine angenehme, manchmal leicht säuerliche Geschmacksmischung aus Mirabelle, Reineclaude und einem Hauch Zwetschge. Frau Mama kochte im Hochsommer immer mal wieder Kompott aus den Pfläumchen und servierte es uns, gekühlt mit Griessbrei oder Vanillesauce, als süsses Znacht. 


Die gelben bis dunkelroten Früchte tragen, je nach Landstrich, ganz unterschiedliche Namen wie Pflümli, Haferpflaume, Kriecherl, Kirschpflaume, Haferschlehe, Katharinenpflaume, Spilling oder Ringlotte. Ihre einzige Gemeinsamkeit ist, dass sie alle zur Familie Prunus domestica gehören. Hier in der Region wachsen viele dieser Obstbäume wild an Waldrändern und man darf sich nach Herzenslust bedienen. Das Fruchtfleisch lässt sich am einfachsten mit einem Pflaumenentsteiner oder einem scharfen Rüstmesser vom Stein trennen.


Für 6 Muffins:

  • ca. 160 gr reife Wildpflaumen
  • 1 gehäufter Tl fein gemahlener Weizen
Pflaumen waschen, Stein entfernen und 120 Gramm Fruchtfleisch abwiegen. Die abgewogene Menge in kleine Stücke schneiden. Erst unmittelbar bevor sie in den Teig wandern, mit dem Weizen vermischen.

Topping:
  • 1/2 El brauner Rohrzucker
  • 1/8 Tl Zimt
In einem Schüsselchen verrühren und zur Seite stellen.

Teig:
  • 75 gr brauner Rohrzucker
  • 50 gr sehr weiche Butter
  • 50 gr Saure Sahne, zimmerwarm
  • 1 Ei Grösse L, zimmerwarm
  • 5 El Orangensaft
  • 1/8 Tl Vanillepulver
  • 1 Prise Salz
  • 120 gr Mehl
  • 20 gr fein gemahlener Weizen 
  • 1 leicht gehäufter Tl Weinsteinbackpulver

Ofen auf 190 Grad vorheizen, Gitter auf der zweiten Schiene von unten einschieben. Ein 6-er Muffinblech mit Papierförmchen bestücken oder gut ausfetten. Zucker, Butter und Saure Sahne eine Minute mit dem Handrührer vermixen. Ei dazu, 30 Sekunden untermischen. Dann Milch, Bittermandelextrakt, Vanillepulver und Salz kurz unterrühren. Mehl, gemahlener Weizen und Backpulver zugeben und 5-10 Sekunden lang vermischen, bis der Teig gerade homogen ist. Pflaumenstücke mit dem gemahlenen Weizen blitzschnell verrühren, in die Schüssel kippen und mit einem Teigschaber kurz unterheben. Teig mit einem Esslöffel in die vorbereiteten Vertiefungen der Form verteilen. Nicht wie gewohnt 3/4 voll, sondern randvoll. Das sorgt für einen hübschen Gupf. Mit Zimtzucker bestreuen und zackig in den Ofen schieben. Backen: Zuerst 20 Minuten bei 190 Grad. Dann auf 210 Grad hochdrehen und das Gitter auf die mittlere Schiene verfrachten. Dort noch 6-8 Minuten nachbräunen lassen. Stäbchentest nicht vergessen. Wenn nichts mehr am Hölzchen klebt, Form aus dem Ofen holen. Fünf Minuten abkühlen lassen, dann die Form leicht schräg halten und die Muffins vorsichtig befreien. Auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen lassen.

Sonntag, 10. September 2017

Kapuzinerkapern, fermentiert



Vor einigen Jahren begannen wir im Schrebergarten mit diversen Pflanzen als natürliche Bodendecker zu experimentieren. Dieses Vorgehen hat verschiedene Vorteile: Die Erde trocknet langsamer aus, Unkrautbildung und Erosion werden vermindert, Blühpflanzen locken Bienen an, der Schädlingsbefall reduziert sich, Krankheiten können verhindert werden und im besten Fall ist die Unterbepflanzung auch noch essbar, wie zum Beispiel die Kapuzinerkresse. Mindestens zwei Felder breit darf sich die selbstaussäende Kapuzinerkresse bei uns jedes Jahr austoben, und belohnt die Umwelt dafür bis in den späten Herbst mit einem bunten Blütenmeer. Nach dem Verblühen bilden sich unzählige Samenkapseln, die roh ziemlich scharf sind, nach der Fermentation aber angenehm mild-würzig schmecken. So schliesst sich der Jahreskreis in puncto einheimische Kapern: Begonnen hat er mit den Löwenzahnkapern im Frühling, die sommerliche Fortsetzung waren die Kapern aus unreifen Holunderbeeren und der krönende Abschluss sind die fermentierten Kapuzinerkressekapern, die im Kühlschrank mindestens so lange haltbar sind, bis die nächste Löwenzahnsaison beginnt.

Zutaten:

  • grüne Samenkapseln der Kapuzinerkresse, je mehr desto besser
  • Johannisbeerblatt zum Abdecken oder ein passendes Gewicht aus Ton, Glas, Stein etc.
  • Wasser mit 2% Meersalz 

Kapseln vom Stiel befreien, in einzelne Samen zerteilen und gründlich abbrausen. Abtropfen lassen und in nicht zu grosse, peinlich saubere Einmachgläser verteilen. Ideal sind Gläser mit 150-250 ml Füllmenge und Schraub- oder Drahtbügelverschluss. Die Gläser höchstens 3/4 hoch befüllen und die Samen mit einem grossen Johannisbeerblatt abdecken oder mit einem passenden Gewicht beschweren. Die zweiprozentige Salzlake grosszügig anrühren, z.B. 250 gr Wasser und 5 gr Salz für ein Glas mit 250 ml Fassungsvermögen. Mit der Lake bis ca. 2 cm unter den Glasrand übergiessen. Deckel schliessen und an einem warmen Plätzchen (18-22 Grad) ausserhalb direkter Sonneneinstrahlung fermentieren lassen. Nach 12-24 Stunden hat sich ein starker Druck aufgebaut, der je nach Deckelart manuell abgelassen werden muss. Keine Sorge, wenn der Inhalt übersprudelt, das ist völlig normal. Ein Untersetzer (z.B. Dessertschälchen, Suppenteller), wie auf dem Bild zu sehen, ist daher wirklich empfehlenswert. Der Glasinhalt riecht während der ersten Zeit unangenehm schwefelig und blubbert ziemlich stark, aber nach 1-2 Tagen legt sich beides. Wenn nach ca. 4-5 Tagen keine wilde Bläschenaktivität mehr sichtbar ist, ist die Fermentation abgeschlossen. Die Gläser sollten an einem kühlen Ort (Keller, Kühlschrank) aufbewahrt werden. Wenn sauber gearbeitet wurde, halten sich die Kapern locker 6-12 Monate.

Sonntag, 20. August 2017

Portulak im Glas



Portulak wird oft als lästiges Unkraut angesehen und nur wenige Hobbygärtner wissen, dass Blätter und Stiele eine Delikatesse sind, die verschiedenste Salate (z.B. den Tomatensalat mit Mirabellen) und Wildkräutermischungen (z.B. für die Unkrautkissen) bereichern können. Im Mittelmeerraum existieren auch viele Rezepte für Suppen und Eintöpfe mit Portulak. Die Konsistenz dieser Gerichte ist für Mitteleuropäer allerdings ein wenig gewöhnungsbedürftig, denn die Grünteile sondern bei einem längeren Kochvorgang eine leicht schleimige Substanz ab, vergleichbar mit Okraschoten in einem Gumbo. Ich gestehe, dass ich Portulak, der sich in unserem Garten übrigens als wunderbarer Bodendecker entpuppt hat, daher lieber roh geniesse. Und neuerdings auch in der eingemachten Variante, bei der die Blätter einen angenehmen Biss behalten. Eingelegter Portulak eignet sich hervorragend als würziges Apéro (z.B. zu Käse oder auf Bruschette), als Ergänzung eines Sandwiches (perfekt zu Schinken, Pâté & Trockenfleisch) und natürlich auch als Salatzugabe (besonders im Winter). Oder ganz einfach ein paar abgetropfte Blättchen pur auf einem Butterbrot geniessen.


Für ein Glas mit 500 ml Fassungsvermögen:

  • 1 grosse Salatschüssel voll Portulak, vor der Blüte geerntet 
  • 200 ml Wasser
  • 200 ml Weissweinessig
  • 125 ml trockener Weisswein
  • 2 El Zucker
  • 1 Tl grobes Meersalz
  • 1/4 Tl Korianderkörner, angequetscht
  • 1/4 Tl Dillsamen
  • 1/8 Tl Fenchelsamen
  • 6 schwarze Pfefferkörner, angequetscht
  • 1 kleine Knoblauchzehe, geschält und der Länge nach halbiert

Portulak kurz in kaltem Wasser einlegen, um evt. anhaftende Erdreste zu lösen. Danach gründlich abbrausen und putzen, d.h. Blätter und Knospen abknipsen, Stielanteil möglichst gering halten. Die Ausbeute sollte ca. 250 Gramm betragen. Blätter in ein Sieb geben und nochmals gründlich abbrausen. Gut abtropfen lassen. Unterdessen das Einmachglas und den Deckel gründlich reinigen. Das Glas vorwärmen und dann mit kochendem Wasser befüllen. Den Deckel mit einem Spritzer hochprozentigen, möglichst neutralen Alkohol (z.B. Wodka) ausschwenken. Die restlichen Zutaten, bis auf den Knoblauch, in einen Topf geben und 4 Minuten sprudelnd kochen lassen. Gegen Ende der Kochzeit das Einmachglas ausleeren, Knoblauch auf den Boden legen und bis zum Rand mit Portulak befüllen. Die Blätter mit einem Löffel leicht zusammendrücken. Vorsichtig mit dem kochenden Sud übergiessen, bis die Flüssigkeit ca. 5 mm unter den Glasrand steht. Sofort mit dem Deckel verschliessen, mit einem dicken Geschirrtuch umwickeln (erhöht die Chance auf ein Vakuum) und so vollständig auskühlen lassen. Haltbarkeit, wenn sauber gearbeitet wurde: Mindestens ein Jahr. Nach dem Anbruch im Kühlschrank aufbewahren. Idee: Saving the Season - Kevin West

Sonntag, 23. April 2017

Wildkräuter-Frittata mit Ricotta aus dem Ofen



Was den Spaniern die Tortilla, ist den Italienern die Frittata. Beides wird normalerweise in einer Pfanne zubereitet, aber ich verfrachte die südländische Eierspeise viel lieber in den Ofen. Kein Anbrennen, kein Kondenswasserproblem und mehr als genug Zeit, um einen Beilagensalat samt Sauce zusammenzumischen.


Passend zur Jahreszeit, gab es vor ein paar Tagen eine Wildkräuter-Frittata aus Spinat, Brennnesselspitzen, Giersch, Gänseblümchen, einer grossen Hand voll Petersilienblättern, ein bisschen Basilikum, wenig Minze, drei Maggikrautblättern und einem Esslöffel Dill (getrocknete Vorjahresernte). Der Salat dazu bestand aus Tomaten mit Orangendressing und Schnittlauchblüten, von denen ich im Moment nicht genug bekommen kann. Frittatareste werten übrigens als kleckerfreier Sandwichbelag jede Frühstücks- und Lunchbox auf.


Für 4 Personen:

  • 1 grosse Salatschüssel voll Grünzeug und Wildkräuter
  • 4 Frühlingszwiebeln
  • 250 gr Ricotta
  • 3 Eier Grösse XL
  • 250 gr Milch oder Sahne
  • 1/4 Tl Sumach
  • etwas Limetten- oder Zitronenabrieb
  • Salz, Pfeffer, frisch geriebene Muskatnuss
  • ein Knubbel weiche Butter

Ofen auf 200 Grad vorheizen, Gitter auf der zweiten Schiene von unten einschieben. Eine backofenfeste Form (20 x 30 cm) grosszügig ausbuttern und zur Seite stellen. Spinat, Brennnesseln, Giersch und Maggikraut putzen und gründlich abbrausen (evt. vorher einweichen, wenn sie stark verschmutzt sind). Einen Topf kurz leer erhitzen, tropfnasses Grünzeug reingeben, Deckel auflegen und zusammenfallen lassen. Grünzeug in ein Sieb geben, auf Zimmertemperatur abkühlen lassen, kräftig ausdrücken und dann fein hacken. Restliche Kräuter ebenfalls putzen und fein hacken. Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden. Ricotta mit den Eiern verquirlen, Milch zugiessen und weiterrühren, bis die Masse glatt ist. Kräftig mit Sumach, Zitrusabrieb, Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen. Grünzeug unter die Eiermischung rühren und in die Form füllen. Etwa 40 Minuten backen, bis die Mitte leicht aufgegangen ist und die Ränder sanft gebräunt sind. Heiss oder zimmerwarm servieren.

Sonntag, 20. November 2016

Shortcake Pie mit beeriger Kompottfüllung



So, wie am Donnerstag versprochen, folgt hier noch das Rezept für den Shortcake Pie mit einer Füllung aus Heidelbeer-Apfel-Zierquitten-Kompott. Wir lieben diesen Kuchen, weil die Zubereitung kinderleicht ist und die Kompottfüllung unendlich variiert werden kann. Im Frühling bieten sich zum Beispiel Rhabarber und Erdbeeren an. Im Sommer Sauerkirschen, Pfirsiche und diverse Beeren aus dem Garten. Herbstlich wird's mit Birnen, Holunder, Kornelkirschen oder Quitten-Kakao-Kompott. Und im Winter kombiniere ich die tiefgefrorene oder entsaftete Ernte frisch-fröhlich mit Äpfeln, Zitrusfrüchten und/oder weihnachtlichen Gewürzen.


Je niedriger der Rand der verwendeten Backform, desto kleiner natürlich die benötigte Kompottmenge. Für Wähen- & Tarteformen reicht ein Kompott aus 600 Gramm frischen Früchten. Für Kuchenbleche dürfen es 750 Gramm sein. Besitzer einer Pie-/Auflaufform mit extra hohem Rand können die Fruchtmenge auf 1 Kilo steigern.


Für eine Kuchenform mit 24 cm Durchmesser:

  • 1 Zierquitte
  • 1 grosser Apfel (ca. 250 gr)
  • 500 gr Heidelbeeren, frisch oder aus dem TK
  • 3 El brauner Rohrzucker
  • Schale einer halben Bio-Orange, fein abgerieben

Zierquitten waschen und vierteln. Kerngehäuse, Fliege und braune Stellen herausschneiden, danach fein hacken. Äpfel schälen, vierteln, putzen und in dünne Scheiben zerteilen. Heidelbeeren und Zucker in einen kleinen Topf geben. Bei mittlerer Hitze zum Kochen bringen. Regelmässig umrühren, damit nichts anbrennt. Wenn der Topfinhalt im Saft schwimmt, alle Beeren mit einer Schaumkelle herausfischen und in einer Schüssel zur Seite stellen. Zierquitten- und Apfelstücke zum Heidelbeersaft geben. Etwa 5-7 Minuten unter ständigem Rühren kochen, bis die Fruchtstücke weich sind und der Sirup dickflüssig ist. Heidelbeeren und Orangenabrieb untermischen. Nur noch so lange auf dem Herd lassen, bis die Konsistenz kompottartig ist. Probieren, ggf. nachsüssen und auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Unterdessen den Teig zubereiten.



Teig:

  • 125 gr weiche Butter & ein Knubbel für die Form
  • 125 gr Zucker
  • 1/4 Tl Vanillepulver* 
  • 1 grosszügige Prise Salz
  • 1 Ei Grösse XL, zimmerwarm
  • 225 gr Weizenmehl Typ 405
  • 25 gr Maismehl oder Speisestärke
  • 1 Tl Weinsteinbackpulver

Ofen auf 200 Grad vorheizen, Gitter auf der untersten Schiene einschieben. Kuchenform mit der weichen Butter gut einfetten. Butter, Zucker, Vanillepulver und Salz mit dem Handrührer 2 Minuten hellcrèmig aufschlagen. Ei zugeben und 30 Sekunden unterrühren, bis die Masse wieder glatt ist. Weizenmehl mit Maismehl und Backpulver vermischen und in zwei Portionen unter die Buttermasse rühren. 150 Gramm Teig für die Riesenstreusel zur Seite stellen. Restlichen Teig möglichst gleichmässig mit den Händen oder einem Löffelrücken in der Form verteilen und bis zur Randkante hochdrücken. Lauwarmes Kompott bis knapp unter den Rand einfüllen. Vom abgenommenen Teig walnussgrosse Portionen abstechen, leicht flach drücken und auf der Fruchtschicht verteilen. In den Ofen stellen und 30-35 Minuten backen, bis der Teig nett gebräunt ist. Auf einem Kuchengitter abkühlen lassen. Teigrezept: Pie - Dean Brettschneider


Donnerstag, 17. November 2016

Heidelbeer-Apfel-Kompott mit Zierquitten



Zierquitten sind, entgegen der landläufigen Meinung, weder ungeniessbar noch giftig. Trotzdem solltet ihr euch die Sache mit dem Rohverzehr gründlich überlegen, denn die Früchtchen sind der Teufel in Obstgestalt: Aussen himmlisch duftend, innen infernalisch sauer. Kochen oder Backen beeinflusst den Säuregehalt nur minimal, aber dafür entfaltet das Fruchtfleisch eine komplexe Aromenpalette, die an ein orientalisches Parfüm erinnert. 


Wenn sie stark duften, kann die Ernte beginnen. Die Farbe alleine ist kein eindeutiges Indiz. Je nach Sorte, können die Früchte im vollreifen Stadium nämlich grünlich-hellgelb, quietschegelb oder dunkelgelb gefärbt sein. Manche haben sogar putzige rote Bäckchen. Frosteinwirkung ist übrigens kontraproduktiv, obwohl viele Leute darauf schwören. Meiner Erfahrung nach leiden Geschmack und Textur unter der eisigen Kälte, Vorteile konnte ich keine feststellen. Sobald die Zierquitten freiwillig vom Strauch plumpsen, sollte man sich sputen. Darum unbedingt beim nächsten Spaziergang die Jackentaschen noch einmal mit den knubbeligen Duftkugeln vollstopfen und daraus Zierquittengelée, Zierquittenöl oder fruchtiges Kompott herstellen.


Für eine kleine Schüssel Kompott:

  • 2 kleine Zierquitten
  • 4 Äpfel (ca. 500 gr)
  • 500 gr Heidelbeeren, frisch oder aus dem TK
  • 5 El brauner Rohrzucker
  • Schale einer kleinen Bio-Orange, fein abgerieben

Zierquitten waschen und vierteln. Kerngehäuse, Fliegen und braune Stellen herausschneiden, danach fein hacken. Äpfel schälen, vierteln, putzen und in dünne Scheiben zerteilen. Heidelbeeren und Zucker in einen kleinen Topf geben. Bei mittlerer Hitze zum Kochen bringen. Regelmässig umrühren, damit nichts anbrennt. Wenn der Topfinhalt im Saft schwimmt, alle Beeren mit einer Schaumkelle herausfischen und in einer Schüssel zur Seite stellen. Zierquitten- und Apfelstücke zum Heidelbeersaft geben. Etwa 5-7 Minuten unter ständigem Rühren kochen, bis die Fruchtstücke weich sind und der Sirup dickflüssig ist. Heidelbeeren und Orangenabrieb untermischen. Nur noch so lange auf dem Herd lassen, bis die Konsistenz gefällt. Probieren und ggf. nachsüssen. Schmeckt heiss, lauwarm oder gekühlt und passt perfekt zu Porridge, Vanilleeis, Griessköpfli oder Panna Cotta. Ausserdem eignet es sich wunderbar für Shortcake Pies.


Freitag, 4. November 2016

Sanddornmuffins (auf Nachfrage auch mit Schokolade erhältlich)



Wildfrüchte, wie beispielsweise Holunder, Mispeln, Kornelkirschen, Schlehen, Sauerdorn, Zieräpfel und -quitten, sind gerne gesehene Gäste in meiner Küche. Sanddorn hingegen hat uns leider noch nie mit seiner Anwesenheit beehrt. Mangels ergiebiger Fundorte, gönne ich mir ab und zu fixfertigen Sirup oder Muttersaft, denn Orangen-Buttermilch mit Sanddornsirup gehört im Herbst zu meinen liebsten Muntermachern, und heisser Hagebutten-Sanddorn-Zitrus-Tee hat sich bei fiesen Erkältungen schon oft als Virenkiller bewährt. Neuerdings findet sich im Vorratsschrank auch Sanddornkonfitüre für Backexperimente: Sanddornzopf und Sanddorn-Spitzbuben sind schon abgehakt; Sanddorn-Biskuitrolle, Birnentarte mit Sanddornglasur und Schoko-Sanddorn-Kuchen stehen in den nächsten Wochen auf dem Programm. Die Muffins entstanden spontan an einem verregneten Sonntagnachmittag, und sind mit oder ohne Schokolade eine Sünde wert.  


Für 4 Muffins:

  • 60 gr sehr weiche Butter
  • 40 gr Zucker 
  • 45 gr Sanddornkonfitüre
  • 1 Ei Grösse L, zimmerwarm
  • 25 gr fein gehackte Schokolade, mind. 70% Kakaogehalt (optional)
  • 70 gr Weizenmehl 
  • 1/2 Tl Weinsteinbackpulver

Ofen auf 200 Grad vorheizen, Gitter auf der zweiten Stufe von unten einschieben. Vier Vertiefungen eines Muffinblechs mit Papierförmchen bestücken. Butter und Zucker eine Minute von Hand mit dem Rührbesen aufschlagen. Sanddornkonfitüre unterziehen, dann das Ei eine Minute lang unterrühren. Nun, falls verwendet, die Schokolade zugeben. Mehl und Backpulver kurz untermischen. Nicht zu lange rühren, nur bis das Mehl gerade eingearbeitet ist. Teig randhoch in die Muffinformen verteilen und gleich in den Ofen verfrachten. 18-20 Minuten dunkelgoldig backen. Stäbchentest nicht vergessen! Fünf Minuten abkühlen lassen, dann vorsichtig aus der Form lösen und auf einem Gitter völlig auskühlen lassen. Die Muffins lassen sich wunderbar aus den Papierförmchen schälen und sind auch zwei Tagen später noch supersaftig. 


Freitag, 12. August 2016

Unkrautkissen



Horta (griech. Χόρτα) ist a) ein Sammelbegriff für essbare Wildpflanzen und b) auch der Name einer in Griechenland sehr beliebten Vorspeise, die aus dem Grünzeug hergestellt wird. Im Topf landet, was der Garten, das Feld, die nähere Umgebung oder der Markt gerade hergeben. Die Zubereitung ist minimalistisch: Gründlich putzen, kurz kochen, abgiessen und wie Salat mit Öl, Zitronensaft und Salz anmachen. Fertig. 


Leider gibt es einen kleinen Nachteil. Je nach Jahreszeit und Zusammenstellung, kann dieses unkomplizierte Gericht eine Menge Bitterstoffe enthalten. Blöd, da Herr C. und die Geschmacksrichtung "Bitter" in diesem Leben wohl keine Freunde mehr werden. Noch blöder, weil das überreichliche Gartengrün förmlich um die oben beschriebene Zubereitung bettelte. Meine Lösung des Problems: Viel Krautstiel und ein wenig Feta, um die eventuell vorhandenen Bitterstoffe abzumildern. 


Damit das Ganze ein bisschen attraktiver aussieht, verpackte ich es in Blätterteig, der sich im Ofen zu einer knusprigen Hülle aufplusterte. Zusammen mit einem Gurkensalat ergaben die Unkrautkissen ein wunderbares, weil quasi bitterfreies Sommer-Sonne-Rhodos-Ferienstimmung-Abendessen. 


Für 6 Kissen:

  • eine Salatschüssel voll gemischtes Grünzeug (ca. 100 gr, geputzt gewogen)*
  • 1 kleiner Krautstiel/Mangold, ca. 300 gr
  • 1 mittlere Zwiebel
  • 1 Knubbel Butter
  • 2 Tl Granatapfelmelasse 
  • Salz, Pfeffer
  • 50 gr Feta, ganz fein zerkrümelt
  • 1 rechteckig ausgewallter Butterblätterteig (26 x 42 cm)
  • 2 El Milch
  • 2 El Sesam

Grünzeug gründlich waschen und putzen, d.h. dicke Stiele, angefressene Blätter etc. entfernen. Trocken schleudern und zur Seite stellen. Krautstiel zerteilen, ebenfalls gründlich waschen, Stiele von den Blättern trennen und beides zur Seite stellen. Zwiebel schälen und fein hacken. In einer grossen Pfanne die Butter zerlassen, Zwiebelstücke zugeben und auf kleiner Flamme anschmurgeln. Unterdessen die Mangoldstiele in kleine Stücke hacken, in die Pfanne zu den Zwiebeln geben. Grünzeug fein hacken. Geht am einfachsten, wenn man eine handvoll Unkräuter in ein grosses Krautstielblatt einrollt und die Rolle dann in feine Streifen schneiden. Sobald die Zwiebelstücke glasig sind, das gehackte Grünzeug einrühren. Hitze hochdrehen und etwa 2 Minuten rührbraten, bis die Grünmasse zusammengefallen ist. Granatapfelmelasse und ein Schluck Wasser zugeben, schnell unterrühren. Salzen, pfeffern und nur noch so lange auf dem Herd lassen, bis die ausgetretene Flüssigkeit vollständig verdampft ist. Pfanneninhalt auf einen Teller geben, auskühlen lassen. Mit den Fetakrümeln vermischen und abschmecken. Während die Füllung auskühlt, Backblech mit Backpapier belegen und den Ofen auf 210 Grad vorheizen. Blätterteig entrollen und in sechs Quadrate schneiden. In der Mitte jedes Quadrates 1/6 der Füllung (ca. 2 Esslöffel voll) platzieren. Alle Ecken nacheinander hochziehen und in der Mitte zusammendrehen. Seitennähte ebenfalls gut zusammendrücken. Auf das Backblech umsetzen, mit der Milch bepinseln (Nähte und Knubbel verschonen) und grosszügig mit Sesam bestreuen. Backen: 20 Minuten auf der untersten Schiene, dann noch 5-8 Minuten auf mittlerer Schiene zum Bräunen. Heiss, lauwarm oder abgekühlt mit Salat servieren. 

Gartenbesitzer verwerten, was zur gleichen Zeit wächst. Bei mir waren es Portulak, Amaranth, junger Löwenzahn, Borretschblätter, Rucola und Dill samt Blüten.

Alle anderen gehen an möglichst hundefreien Orten auf die Pirsch und/oder besorgen sich eine Tüte voll Grünzeug auf dem Gemüsemarkt, wie beispielsweise Spinat, Brennnesseln, Randenblätter, Petersilie, Schafgarbe, Sauerampfer, Wegerich, Radieschenblätter, Karottengrün, Giersch, Melde, Baumspinat, Hirschhornsalat, Knoblauchsrauke, Knoblauchgrün, Schnittknoblauch, Lauch, Bärlauch, Fenchelgrün, Catalogna, Minze, Neuseeländer Spinat oder Guter Heinrich. Je wilder, desto besser. 


Dienstag, 15. Dezember 2015

Last Christmas...ääääh....Minute: Zierquittenöl



Zutaten: 2
Aufwand: Fast nix
Idee: Aus dem Buch Winterzauber
Ergebnis: Superb
Geeignet: Für alle, die fruchtige Öle schätzen

Einfacher geht es kaum: Beim nächsten Spaziergang ganz nebenbei ein paar Zierquitten pflücken. Die hängen immer noch dutzendweise an den Sträuchern oder liegen drumherum verstreut. Beute nach Hause tragen, gründlich waschen und auf Insektenbefall kontrollieren. Pro 125 Milliliter Raps-, Reis- oder Sonnenblumenöl, nimmt man 1-3 Zierquitten, je nach Grösse. Die Früchte in dünne Scheiben schneiden, in ein sauberes Einmachglas oder eine Glasflasche mit breiter Öffnung legen, und mit dem Öl übergiessen. Darauf achten, dass die Scheiben alle vom Öl bedeckt sind. Eventuell mit einem kleinen Konfitüreglas oder einem Tellerchen beschweren, wenn die Scheiben nicht unter dem Öl bleiben wollen. Gut verschliessen und mindestens eine Woche ziehen lassen. Zwei Wochen wären auch nicht schlecht, und eine Woche mehr kann auch nicht schaden. Das Zierquittenöl beginnt nach ein paar Tagen einzutrüben, dieser Vorgang ist aber ganz normal. Absieben und in ein hübsches Gefäss umfüllen. Mit einem Schleifchen dekorieren, et voilà, schon sind wir fertisch mit die Bastelei von die Weihnachtsgeschenken. Vielleicht noch ein Zettelchen daran befestigen, damit der Beschenkte nicht ganz ohne Informationen zur Verwendung auskommen muss. Ein empfehlenswerter Text: Zierquittenöl - Passt ausgezeichnet zu Fisch, Gemüse und Salaten. Nicht mitkochen, bitteschön. Happy X-mas!

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Sauer macht lustig: Zierquittengelée



Jeden Tag spaziere ich mit dem Schweinwoll an vier Zierquittensträuchern vorbei. Im Frühjahr erfreue ich mich an den hübschen roten Blüten, aus denen sich übrigens auch ein fantastisches Zierquittenblütengelée herstellen lässt. Den Sommer über schaue ich den grünen Früchten beim Wachsen zu, und im Herbst wie sie ihre Farbe von hellgelb zu quietschgelb wechseln. Anfang/Mitte Oktober beginnen die meisten Zierquitten ihren charakteristischen, schon fast parfümartigen Duft zu verströmen. Ab diesem Zeitpunkt sind sie erntereif. Einige schwören darauf, dass die Früchte nach dem ersten Frost noch viel intensiver duften. Meiner Erfahrung nach bewirkt die Kälte keine wahrnehmbare Verbesserung (könnte allerdings auch sortenabhängig sein). Anyway, sobald sie von den Sträuchern runterfallen, sollten sie schnellstens geerntet werden. 


Zierquittengelée ist hocharomatisch, so in Richtung Quitte trifft Zitrone trifft Orangenblütenwasser. Allerdings ist es auch recht sauer, besonders wenn Gelierzucker 2:1 verwendet wird. Wer es süsser mag, nimmt normalen Haushaltszucker im Verhältnis 1:1. Gelierzucker ist in diesem Fall unnötig, da die Zierquitten genug Pektin enthalten. 


Für 4 Gläser à 250 ml:

  • 1,5 Kilo Zierquitten
  • etwa 1,8 Liter Wasser
  • etwa 550 gr Bio-Gelierzucker 2:1 oder 1 Kilo normaler Zucker

Zierquitten waschen und braune Stellen wegschneiden. Früchte vierteln und in einen grossen Topf legen. Mit Wasser bedecken und auf hoher Stufe zum Kochen bringen. Hitze reduzieren und 25 Minuten mit halb aufgelegtem Deckel köcheln lassen, bis die Fruchtviertel sehr weich sind. Vorsichtig in einen Geléesack schütten und eine Stunde abtropfen lassen. Aufgefangene Flüssigkeit abmessen und mit der entsprechenden Menge Gelierzucker oder Haushaltszucker vermischen. Ich mag die saure Version, daher kann ich nur berichten, wie ich mit Gelierzucker 2:1 vorgehe: Erfahrungsgemäss erhalte ich etwa 1,1 Liter Saft, den ich mit 550 Gramm Gelierzucker vermische und fünf Minuten sprudelnd einkoche. Falls nötig, zwischendurch den Schaum abschöpfen. In heiss ausgekochte Gläser abfüllen, Deckel gut zudrehen und mit einem Tuch bedeckt auskühlen lassen. Wenn sauber gearbeitet wurde, hält sich das Gelée mindestens ein Jahr lang. Nach dem Öffnen vorzugsweise im Kühlschrank aufbewahren.


Freitag, 31. Juli 2015

Holunderkapern



Besonders die hübsche Farbe und der leicht fruchtig-holunderige Touch, der den dunkleren Beeren zu verdanken ist, machen die Kapern für mich zu einem Must-do-have-eat. Wer lieber neutralere Kapern möchte, sollte also nur die grünen Beeren verwenden. Generell gilt: Je reifer sie sind, desto leichter lassen sie sich abzupfen. Die knallgrünen Exemplare sind noch bombenfest mit den Stielen verbunden, daher am besten ganz behutsam abrebeln oder mit dem Daumennagel abknipsen. Mit den Zinken einer Gabel geht es zwar wesentlich schneller, aber die dünnen Stielchen bleiben dann zu etwa 80% an den Beeren hängen. Das ist allerdings nur ein rein optisches Problem, geschmacklich ändert sich nichts. 


Für 4 Gläser à 250 ml:

  • 660 gr unreife Holunderbeeren (gerebelt gewogen, pro Glas ca. 165 Gramm Beeren)*
  • 100 gr Salz
  • 1/2 El grobes Meersalz  
  • 500 ml Weissweinessig
  • 125 ml Wasser 
  • 125 ml Weisswein
  • 2 El Zucker
  • 12 Pfefferkörner
  • 8 Wacholderbeeren
  • 4 Pimentkörner
  • 1 Knoblauchzehe
  • 2 kleine Lorbeerblätter

Holunderbeeren in ein Sieb geben, gründlich abbrausen und abtropfen lassen. Unterdessen 100 gr Salz in eine Glas- oder Porzellanschüssel geben, ein Liter kaltes Wasser zugiessen und Salz darin auflösen. Beeren in das Salzwasser geben, kurz durchrühren und Schüssel mit einem Deckel oder Klarsichtfolie verschliessen. 24 Stunden bei Zimmertemperatur ziehen lassen. Einmal umrühren kann nicht schaden.          


Am nächsten Tag die Beeren in ein Sieb schütten und kurz abtropfen lassen. Unterdessen in einem grossen Topf einen Liter Wasser mit dem restlichen halben Esslöffel Salz zum Kochen bringen. Beeren ins kochende Wasser geben, aufkochen und von da an exakt zwei Minuten kochen lassen. Sofort abschütten und im Sieb gut abtropfen lassen. Gewürze in die ausgekochten Gläser verteilen. Ich nehme je 3 Pfefferkörner, 2 Wacholderbeeren, ein Pimentkorn, 1/4 Knoblauchzehe und ein halbes Lorbeerblatt pro Glas mit 250 ml Füllmenge. Beeren mit einem Löffel in die vorgewärmten Gläser verteilen. Essig mit Wasser, Weisswein und Zucker aufkochen. Eine Minute sprudelnd kochen und sofort in die Gläser giessen. Sie sollten bis knapp unter den Rand mit Flüssigkeit gefüllt sein. Gut verschliessen und unter einem Küchentuch langsam auskühlen lassen. Die Holunderkapern müssen vor dem Verzehr mindestens zwei Wochen (besser 2-3 Monate) ruhen. Wenn sauber gearbeitet wurde, sind sie mindestens ein Jahr lang haltbar. Geöffnete Gläser vorzugsweise im Kühlschrank aufbewahren.

* Ein Obst-/Gemüse-Knischtersäckli fasst ca. 1 Kilo Holunderdolden.

Und ab damit zu #EiNaB, wo Beiträge rund um das Thema Nachhaltigkeit gesammelt werden.

Freitag, 29. Mai 2015

Buchvorstellung: Tee aus Kräutern und Früchten von R. Beiser


Viele Gartenbesitzer werden Jahr für Jahr mit dem gleichen Problem konfrontiert: Wohin mit all dem Überschuss? Nachdem Familie und Freunde versorgt sind, bleiben oft noch grosse Mengen übrig, die wir nicht sofort verbrauchen können. Gemüse wird dann meist eingefroren, Obst zu Kompott, Konfitüre und Sirup verkocht. Kräuter hingegen trockne ich vorzugsweise im Dörrer. So halten sie sich viel länger, beanspruchen kaum Platz und sind vielseitig einsetzbar. Oregano, Liebstöckel, Majoran und Bergbohnenkraut beispielsweise landen im Kochtopf. Waldmeister und Lavendel als Mottenabwehr im Kleiderschrank. Marokkanische Minze, Zitronenmelisse und Verveine im Badewasser oder in der Teekanne. Als ich vor einigen Wochen den grossen Rosmarinstrauch stark beschneiden musste, kam mir die Idee, die Zweige zu trocknen und daraus einen Aufguss zu bereiten. Mit Orangensaft und Honig vermischt, ergab das einen sehr angenehm schmeckenden Eistee. Dieses Erlebnis war der Anstoss zu weiteren Nachforschungen. Neugierig wie ich bin, wollte ich wissen, welche anderen Garten- und Wildkräuter sich ebenfalls für die Teeherstellung eignen. Dabei bin ich auf das Buch Tee aus Kräutern und Früchten von Rudi Beiser aus dem Kosmos Verlag gestossen, welches ich euch heute vorstellen möchte.

Erster Eindruck:
Handliches und kompaktes Taschenbuch, das auf über 170 Seiten etwa ebenso viele Fotos zu bieten hat. Dank dem Format, der übersichtlichen Gliederung und der ausführlichen Pflanzenporträts, taugt das Buch auch als Exkursions- und Wanderbegleitung.

Inhalt:
Der Umschlag ist ausklappbar und bietet gleich vorneweg eine kleine Einführung in den Pflanzen- und Blütenaufbau, ausserdem werden Bestimmungsmerkmale von Wurzeln, Stängeln, Blättern, Blüten, Früchten und Fruchtständen gezeigt. Weiter geht es mit dem ersten Teil, in dem sich alles um die Theorie dreht: Warum selbst gesammelter Tee besser schmeckt, welche Sammelausrüstung empfehlenswert ist, wie Standorte geschont und Schadstoffe vermieden werden können, welches der richtige Erntezeitpunkt ist, ob die Pflanzen(teile) ganz oder zerkleinert getrocknet werden sollten, verschiedene Trocknungsmethoden, Fermentation, richtige Lagerung und eine doppelseitige Tabelle mit den jeweiligen Erntezeiten der vorgestellten Pflanzen. Der zweite Teil befasst sich mit der Kunst des Teemischens. Natürlich schmecken viele Sorten auch pur, d.h. ohne Beimengung von anderen Kräutern, Früchten oder Gewürzen. Wem das aber zu langweilig ist, der beginnt seine eigenen Teemischungen zu kreieren.


Ein gutes Parfüm besteht aus Basis-, Herz- und Kopfnote, die aufeinander aufbauen und sich ergänzen. Genau so sollte es auch bei einer guten Teemischung sein. Zuerst wird die Basispflanze (z.B. Melisse, Hopfen) ausgewählt, Füllpflanzen (wie Himbeerblätter, Frauenmantel) verleihen Volumen, Schmuckpflanzen (Blüten, Früchte) sorgen für die optische Gefälligkeit und Aromapflanzen (Minze, Gewürze) für den ausgewogenen Geschmack. Die empfohlenen prozentualen Anteile sind in einem Kreisdiagramm dargestellt (das erleichtert die nervige Rechnerei), zudem gibt es noch Vorschläge für Grundmischungen wie Konzentrationstee, Gute-Nacht-Tee oder Kinder-Tee. In einer weiteren Tabelle wird die Verwendung und Wirkung jeder porträtierten Pflanze übersichtlich zusammengefasst. Im dritten Teil erfährt der Leser Tipps und Tricks zur richtige Zubereitung, danach folgen die einzelnen Pflanzenporträts von A (wie Anisysop) bis Z (wie Zitronenverbene). Jeder Sorte ist eine ganze Doppelseite gewidmet. Links die "Fahndungsfotos", darunter Illustrationen zur einfacheren Bestimmung und rechts sind die getrockneten Pflanzenteile abgebildet. Im Begleittext finden sich die jeweiligen Merkmale, Verwechslungsmöglichkeiten, Vorkommen, Geschmack, Erntezeit, Trocknungsempfehlungen, Zubereitungstipps und ein paar Zeilen zur Geschichte. Den Abschluss bildet ein ausklappbarer Rückendeckel mit Fotos aller vorgestellten Teekräuter, womit die rein optische Auswahl erheblich erleichtert wird.

Was meint der Magen:
Ich bin seit Anfang der Gartensaison fleissig am Trocknen. Mittlerweile stehen im Vorratsschrank Gläser mit getrockneten Erdbeerblättern, kleinen Walderdbeeren, Waldmeister, Gundermann, den ersten Ringelblumenblüten, Zitronenmelisse und Holunderblüten. Die getrockneten Fichtensprossen habe ich gleich zu Sirup weiterverarbeitet, Rezept dazu demnächst auf diesem Kanal. In den nächsten Wochen werden Frauenmantel und Steinklee folgen, den ich übrigens extra zu diesem Zweck ausgesät habe. Die Bienen und Hummeln im Garten werden es mir danken, die Kleidermotten eher weniger. Nebenbei möchte ich noch folgende Kräuter und Früchte bevorraten: Basilikum, Beifuss, Birkenblätter, Dost, Ehrenpreis, Gänseblümchen, Giersch, Holunderbeeren, Johannisbeeren, Mädesüss, Klatschmohn, Quecke und Weissdornblüten. Das Mischen werde ich für trübe Herbsttage aufsparen, vielleicht ist bis dahin auch noch das eine oder andere oben nicht aufgezählte Kräutlein dazugekommen. 

Fazit:
Dieses Buch bietet einen sehr guten Einstieg und Überblick zum Thema Kräutertee-DIY. Die Abschnitte über Trocknungsmethoden und Fermentation hätten für meinen Geschmack noch ein bisschen ausführlicher sein dürfen, aber das ist lässliches Gemecker. Das Buch ist, so wie es ist, rundum empfehlenswert. Zum Abschluss noch das Kleingedruckte: Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den Kosmos Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
Und ab damit zu #EiNaB, wo Beiträge rund um das Thema Nachhaltigkeit gesammelt werden.


Freitag, 1. Mai 2015

Purpurner Magnolienessig



Gerade als bei uns im Quartier der grosse Magnolienbaum anfing zu blühen, begann der Regen. Drei Tage später, als die Sonne sich wieder zeigte, waren die Blüten der unteren, erreichbaren Äste alle abgefallen. Einen Magnolienbaum ausfindig zu machen ist nicht schwer, aber meistens wachsen die Blüten in unerreichbaren Höhen, und mit einer Leiter über der Schulter lässt sich schlecht auf Raubzug gehen. Besonders, wenn man mit dem Velo unterwegs ist. Zufälligerweise fand sich zwei Dörfer weiter noch ein Baum, der übersät war mit Blüten und dessen Äste weit genug herunterhingen.


Ich habe mir dann acht Exemplare herausgepickt, die noch nicht vollständig geöffnet waren. Zu Hause wurden sie gut ausgeschüttelt und in Reisessig eingelegt. Zwei Tage später war der Essig purpurfarben und duftete fein blumig, mit einem Hauch Ingwer und Zitrone. Zitrone? Ingwer? Yep, je nach Sorte können Magnolienblüten ganz unterschiedlich bzw. untypisch duften. 


Den typischen Magnolienduft findet man vor allem bei hellen, rosafarbenen Tulpen-Magnolien. Weisse Sternmagnolien hingegen riechen oft sehr dezent nach Jasmin. Wer wissen will, wie der fertige Essig schmecken wird, muss nur ein Blütenblatt abzupfen und probieren. Wenn der Geschmack gefällt, mit dem Pflücken beginnen. Oder sich einen anderen Baum suchen. Ich will euch übrigens nicht vergiften, Magnolienblüten sind essbar und unbehandelt oder verzuckert eine wunderhübsche Deko für Kuchen und Torten. Quelle: Zauberhafte Blütenküche von E. Mayer


Für ein Glas mit 500 ml Fassungsvermögen:

  • 8-10 grosse Magnolienblüten
  • ca. 400 ml Reisessig (io: Narcissus mit 4,6% Säure)

Blüten gründlich ausschütteln und die grünen Stielansätze entfernen. In das saubere Glas schichten und mit dem Essig übergiessen. Mit einem kleinen Tellerchen oder einem Eierbecher (siehe Foto) beschweren, damit die Blüten nicht an der Oberfläche treiben. Gut verschliessen und mindestens eine Woche ziehen lassen. Danach absieben, in eine saubere Flasche füllen und kühl und dunkel lagern. Passt hervorragend zu Salaten mit Obst, exotischen Dressings oder gedünstetem Fisch. Die Idee habe ich übrigens hier gemopst: Eatweeds - Wild Food Guide to the Edible Plants of Britain


Mittwoch, 29. April 2015

Waldmeisterwein - Ein wilder Digestif



In Frankreich ist die Herstellung von aromatisiertem Wein ein beliebtes Hobby. Das Vorgehen ist kinderleicht: Früchte (z.B. Aprikosen, Pfirsiche, Brombeeren, grüne Walnüsse), Blätter (Pfirsich, Sauerkirsche), Gewürze (Vanille, Zimt, Nelken), Garten- oder Wildkräuter (Thymian, Rosmarin, Zitronenmelisse) dürfen einzeln oder bunt gemischt für eine bestimmte Zeit in Wein mazerieren. Zucker und hochprozentiger Alkohol verlängern die Haltbarkeit und verleihen dem portweinähnlichen Gebräu die typische Süffigkeit. Manche Weine werden zum Apéro serviert, andere als Begleitung zu einem Dessert oder sie runden ein Festmahl als Digestif ab. Der geschmacksintensive Waldmeisterwein gehört eindeutig zur dritten Sorte. Ein kleines Gläschen davon kann sogar Kopfschmerzen bändigen oder vertreiben. Herr C. genehmigt sich immer zwei Schlückchen, sobald er das Gefühl hat, dass eine Migräne naht und kann danach oft auf Tabletten verzichten. * 

Für eine Flasche:

  • 40 gr Zucker
  • 75 ml Wodka 
  • 1 kleine Bio-Orange
  • 1/2 ausgekratzte Vanilleschote
  • 12 Stiele / ca. 5 gr angetrockneter Waldmeister
  • 750 ml Weisswein (z.B. Soave oder Pinot Grigio)

Zucker und Alkohol in ein grosses Einmachglas geben und so lange verrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Orange heiss abwaschen, trocknen und die Schale abreiben. Restliche Frucht in feine Scheiben schneiden und zusammen mit der abgeriebenen Schale, der Vanilleschote und den Waldmeisterstängeln ebenfalls in das Glas geben. Mit dem Wein übergiessen, Deckel gut zudrehen und drei Tage durchziehen lassen. Danach absieben, in eine saubere Flasche umfüllen und am besten im Kühlschrank lagern. Eisgekühlt servieren.

* Doch Vorsicht: Viel hilft viel ist hier eindeutig die falsche Devise! Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen wären die Folgen. Waldmeister sollte immer nur in kleinen Mengen genossen werden.

Garten-Koch-Event April 2015: Frühlingskräuter [30.04.2015]

Und ab damit zum Gärtner-Blog, wo aprilfrische Rezepte mit Frühlingskräutern gesammelt werden.

Freitag, 24. April 2015

Unglaublich aromatisches Bärlauchsalz



Schwesterherz hat am Sonntag mit U. eine Wanderung durch die Pampa unternommen. Bestellt war ein Säckchen voll Waldmeister, falls sie welchen finden würden. Gegen Abend klingelte es, Herr C. spurtete nach unten und kam freudenstrahlend mit zwei Tüten Bärlauch zurück. Bärlauch??? Suuuper, was soll ich denn damit? Völlig überrumpelt ging ich meine Bärlauchrezepte durch. Bärlauchpesto? Nee, das will keiner mehr. Bärlauchpesto mit getrockneten Tomaten? Jaahaa! Blick in den Vorratschrank: Getrocknete Auberginen, aber keine Tomaten. Mist. Bärlauchbutter? Buttervorrat überprüft und Herrn C. zum Petersilie kaufen losgeschickt. Bis zum Tatort hatte ich acht Rollen Kräuterbutter in den Tiefkühler verfrachtet. Trotz Erhöhung der Bärlauchmenge war aber immer noch eine halbe Tüte übrig. Wat nu? 


Plötzlich kam mir SarahMorenas Bärlauchsalz wieder in den Sinn. Ha, Salz ist immer vorrätig. Also alle übrigen Blätter fein püriert, den Gewürzschrank geöffnet und nach kurzer Musterung nur Persisches Blausalz, Lac Rose-, Himalaya- und Kala Namak Salz erspäht. Auf dem untersten Regal standen noch Maldon Sea Salt, zwei Sorten Rauchsalz, fünf Sorten Kräutersalz und je ein Säckchen grobes graues Salz aus der Normandie und von der Île de Ré. Aber weit und breit kein stinknormales feines Meersalz. Doppelmist. Wer ist so irre, mehr als ein Dutzend Salzsorten zu bunkern? Ähem.... Nächste Tat: Salzfass aus dem Schränkchen über dem Herd geangelt und den Inhalt abgewogen. Hundert Gramm zu wenig. Tripelmist. Jä nun, an einem Sonntagabend um 23h lässt sich daran auch nichts mehr ändern. Das Ergebnis war aber tiptop, salziger hätte ich es gar nicht gewollt. Unbedingt auf einem gekochten (Wachtel)Ei probieren, dazu angeröstetes, gebuttertes Bauernbrot. Heaven für Knoblauchliebhaber.

Für einen kleinen Vorrat :

  • 150 gr Bärlauch
  • 200 gr feines Meersalz

Gewaschene, trocken getupfte Bärlauchblätter grob zerkleinern und in den Mixbecher geben. Mit dem Pürierstab (ohne Flüssigkeitszugabe) zu feinstem Brei zerkleinern. Dauert zwar ein Weilchen, funktioniert aber viel besser als in einem Standmixer. Salz in den Becher geben, mit einem Löffel alles gründlich vermischen. Zwei Kreise aus Backpapier zuschneiden (d.h. etwas kleiner als die Dörrsiebe, wegen der Luftzirkulation). Masse gleichmässig darauf verstreichen und im Dörrer bei 35 Grad etwa 6 Stunden trocknen lassen, bis sich die Salzschicht leicht von der Unterlage lösen lässt. Backpapier abziehen, Brocken umdrehen, wieder auf die Unterlage legen und weitere 2-3 Stunden im Dörrer völlig durchtrocknen lassen. Unzerkleinert in einem dicht schliessenden Glas aufbewahren. Vor Verwendung mit den Fingern fein zerbröseln oder in einem Mörser zermahlen. Dunkel und trocken aufbewahren.

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Donnerstag, 16. April 2015

Gelée aus Zierquittenblüten



Nicht nur die Früchte der Zierquitte sind nutzbar, auch die Blüten, die zwischen März und Mai erscheinen, können zu Gelée oder Sirup verarbeitet werden. Die Anleitung dazu habe ich dem sehr empfehlenswerten Büchlein Wildblüten- & Kräutergelées von Evemarie Löser entnommen. Zierquittensträucher werden oft nur ihrer dekorativen Wirkung wegen angepflanzt, denn die verhältnismässig grossen Blüten in diversen Rotschattierungen sind im Frühling ein Zierde für jeden Garten.


Nur wenige Leute nutzen Blüten oder Früchte für kulinarische Zwecke, deshalb wird eine Pflückanfrage bei Strauchbesitzern meist positiv ausfallen. Das Gelée schmeckt blumig-fruchtig mit einer kräftigen, grünen Bittermandelnote. Es ist sozusagen die grosse Schwester des Schlehenblütengelées, weil es geschmacklich komplexer, aber nicht weniger gefällig ist. Eine spannende und exklusive Bereicherung des Frühstücktisches, bei der es sich lohnt, gleich ein paar Gläser mehr zu produzieren. 


Für 4 Gläser à 250 ml:

  • etwa 1,5 Liter Blüten = ca. 220 gr
  • ca. 1,2 Liter klarer Apfelsaft

Blüten von Stengelresten, Blättern und Insekten befreien. In ein 1,5 Liter fassendes Einmachglas schichten, leicht andrücken und mit dem Apfelsaft bis 2 cm unter den Rand übergiessen. Mit einer kleinen Untertasse beschweren, damit die Blüten nicht an der Oberfläche treiben. 24-48 Stunden an einem nicht zu kühlen Plätzchen (bei mir auf der Terrasse, wo tagsüber kräftig die Sonne schien) ziehen lassen, bis sich der Apfelsaft rötlich gefärbt und den Duft der Blüten angenommen hat. Zuerst durch ein feines Sieb abgiessen. Blüten entsorgen und die aufgefangene Flüssigkeit noch durch einen Kaffeefilter laufen lassen, damit das Gelée nachher keine unerwünschten Partikel enthält.

  • 1,1 Liter Saft
  • 550 gr Bio-Gelierzucker 2:1

Saft abmessen und mit der entsprechenden Menge Gelierzucker in einem grossen Topf zum Kochen bringen. Fleissig abschäumen, 5 Minuten sprudelnd kochen lassen und heiss in die ausgekochten Gläser abfüllen. Deckel fest zuschrauben und unter einem Tuch langsam abkühlen lassen. Wenn sauber gearbeitet wurde, sollte das Gelée mindestens ein Jahr haltbar sein. Nach Anbruch im Kühlschrank lagern.


Mittwoch, 8. April 2015

Rezension: Wilde Waldküche von Linda Louis


Frei nach Magnum: Ich weiss, was Sie jetzt denken, und Sie haben Recht. Buchbesprechungen, die durchgehend positiv sind, wirken verdächtig. Irgendetwas gibt es doch immer zu bemängeln, selbst wenn es nur die Farbe der Fussnoten ist. Zugegeben, das Kapitel über Pilze hätte ich persönlich nicht sonderlich vermisst. Aber auch nur, weil für die ungekrönte Königin der Orientierungslosigkeit ein Ausflug in die Tiefen des Waldes, jenseits von Wegen und Wegweisern, garantiert verhängnisvoll enden würde. Und das ist keine Übertreibung. Wer es schafft, sich im Stadtpark zu verirren, sollte sich definitiv ein anderes Hobby als Pilzsammeln zulegen. Zurück zum Thema. Viele Kochbücher über essbare Wildpflanzen sind leider unvollständig, weil zu wenig auf die Grundlagen (wie Verwechslungsgefahr, Verhalten beim Sammeln etc.) eingegangen wird. Oft wird vorausgesetzt, dass der Leser umfangreiches Wissen oder entsprechende Fachliteratur besitzt. Umgekehrt gibt es einige Bücher, in denen essbare Wildpflanzen zwar ausführlich vorgestellt werden, die Rezepte aber eher rudimentär sind. Wilde Waldküche von Linda Louis hingegen bietet auf über 300 (!) Seiten eine vertiefte Einführung UND supertolle Rezepte.

Erster Eindruck:
Mir gefällt das schlicht gehaltene, appetitliche Cover und auch das Format finde ich ziemlich praktisch. Zwar ist es grösser und schwerer als ein kompaktes Bestimmungsbuch, aber es passt immer noch gut in einen Rucksack oder einen Korb, falls man es zum Sammeln mitnehmen möchte. Angenehm griffiges Papier, viele ansprechende Fotos, übersichtlich gegliedert und sympathisch geschrieben. Immer informativ, aber nie schulmeisterlich belehrend oder erschlagend. Mit anderen Worten: Es hagelt Pluspunkte! :-)

Inhalt:
Zuerst wird die Auswahl der 32 porträtierten Sorten erklärt, denn natürlich kann das Buch nur einen kleinen Einblick in die grosse Vielfalt der essbaren Wildpflanzen bieten. Wichtigste Kriterien waren, dass sie schmackhaft und leicht zu erkennen sind, damit die Verwechslungsgefahr minimiert wird. Auf der folgenden Doppelseite werden die Gesetze des Waldes bzw. die gesetzlichen Grundlagen erläutert. Zwar finden sich hier nur die Bestimmungen für Deutschland, aber Schweizer und Österreicher können sich entsprechend im Internet informieren. Als nächstes geht die Autorin auf die Risiken beim Sammeln und Verzehren ein. Damit soll dem Leser keine Angst eingejagt, aber das Bewusstsein für eventuelle Risiken und Krankheiten (beispielsweise Fuchsbandwurm und Borreliose) geschärft werden. Es folgen die Goldenen Regeln fürs Sammeln, inklusive Tipps zur richtigen Ausrüstung. Ein Überblick über verschiedene Aufbewahrungs- und Konservierungsmethoden, wie Trocknen, Einfrieren und Einlegen, beschliesst den Theorieteil. Auch die Milchsäuregärung kommt dabei vor, was mir natürlich besonders gut gefällt. Die hier aufgezählten Basisinformationen sollten immer am Anfang (oder zumindest am Ende) eines Kochbuches über Wildpflanzen zu finden sein, daher ein Kompliment an die Autorin und den Verlag.


Der zweite Teil besteht aus Pflanzenporträts und Rezepten, die in folgende Kapitel unterteilt sind:

- Waldgemüse und Kräuter (z.B. Bärlauch, Knoblauchsrauke, Waldsauerklee, Waldspargel)
- Hecken und Sträucher (u.a. Hagebutte, Brombeere, Haselnuss, Schlehe)
- Bäume (wie Birke, Fichte, Mispel, Robinie)
- Pilze (beispielsweise Edelreizker, Schopftintling, Totentrompeten)

Zuerst wird die jeweilige Pflanze ausführlich vorgestellt und die wichtigsten Merkmale übersichtlich in einem Steckbrief zusammengefasst. Nach den Tipps und Tricks zur richtigen Verarbeitung folgen die durchgehend bebilderten Rezepte. Die Fotos sind sehr gelungen und wirken, passend zum Thema, wunderbar bodenständig. Die phantasievollen, aber nie komplizierten Gerichte umfassen Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts, Snacks und Eingemachtes. Ich hätte gerne so ziemlich alles ausprobiert, doch leider bin ich seit mehreren Wochen wegen einem Bänderriss handicapiert. Für einige Wildpflanzen ist es auch noch zu früh im Jahr, daher kann ich euch nur eine Aufzählung der geplanten Kochorgie(n) liefern.


Unbedingt ausprobieren muss ich:

- Milchsauer eingelegte Brennesseln mit Wurzelgemüse
- Rohe Frühlingsrollen mit Knoblauchsrauke
- Griechische Spanakopita mit Lungenkraut
- Vegane Mayonnaise mit Waldsauerklee
- Fladenbrot mit Waldspargel
- Veilchenbutter
- Waldketchup mit Hagebutten
- Eichhörnchenkuchen mit Haselnüssen und Kastanienmehl
- Warmer Holundercrumble
- Likör aus Schlehenschösslingen
- Kastanienmilch
- Pannacotta mit Robinienblüten
- Wein aus Wildkirschenblättern
- Käsecracker mit Wildäpfeln und Kürbiskernen
- Knuspermüsli mit Wildbirnen
- Veganer Brotaufstrich aus Waldpilzen und Räuchertofu
- Omelette mit Wirsing und Totentrompeten
- Tapenade aus Totentrompeten

Langeweile kommt hier definitiv nicht auf. Viele der Rezepte sind vegetarisch, einige auch vegan. Oft werden vegane Alternativen aufgeführt, wie beispielsweise bei der Robinien-Pannacotta, die auch aus Mandelmilch und Mandelsahne zubereitet werden kann. Einige Gerichte können auch mit gekauften Zutaten nachgekocht werden. Ich denke da spontan an Wildspargel, Bärlauch und Waldpilze vom Markt, Beeren vom Feld, Hagebuttenmark aus dem Bioladen, Kastanien aus dem Tiefkühler oder getrocknete Totentrompeten. 

Fazit:
Nichts zu meckern, nichts zu bemängeln. Rien du tout. Ein neues Lieblingskochbuch, welches für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermassen geeignet ist. Uneingeschränkte Kaufempfehlung meinerseits, auch wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte: Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den Hädecke-Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.


Donnerstag, 22. Januar 2015

Frühlingshaftes Sandwich mit Primo Sale und Schaumkraut



Als die Sonne sich kürzlich mehr als zwei Minuten sehen liess, schnappte ich kurzerhand den Kompostkübel, scheuchte das Schweinwoll zur Tür hinaus und stattete dem Garten einen Überraschungsbesuch ab. Meine Freude war gross, als ich auf einigen Beeten schon Schaumkrautrosetten entdeckte, deren Geschmack scharfer Kresse ähnelt. Ab und zu haben sie auch einen bitteren Unterton, den ich pur allerdings nicht so gerne mag. Aber bittere Kräuter sollen ja bekanntlich besonders gesund sein und gemischt mit anderem Grünzeug, oder mit Milchprodukten kombiniert, ist die Bitternote sogar recht gefällig.


Primo Sale ist ein leicht gesalzener, italienischer Frischkäse aus Kuh- oder Schafmilch. Leider ist er bei uns im Norden nur schwer aufzutreiben, was wahrscheinlich auf die kurze Haltbarkeit zurückzuführen ist. Ich fabriziere ihn seit Jahren selber, ersatzweise kann ich französischen Brousse, korsischen Brocciu, sardischen Ricotta oder tagesfrischen Ziger empfehlen. Drumherum ein gutes Brötchen aus der Bäckerei und schon ist das Sandwich fertig. Wenn doch nur alles immer so einfach wäre...

Pro Person:

  • 1 Brötchen oder ein Stück Baguette
  • 2-3 El Primo Sale
  • 1-3 Schaumkrautrosetten, je nach Grösse

Brötchen aufschneiden, dick mit Frischkäse bestreichen und mit dem gewaschenen, abgetropften Schaumkraut belegen. Deckel drauf und geniessen.



Sonntag, 21. Dezember 2014

Kurz vor knapp: Zierapfelgelée, Zierapfelwodka und Zierapfelessig



Jetzt aber hurtig noch einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen und nebenbei Zieräpfel und -quitten sammeln. Aus den aromatischen Früchten lässt sich nämlich ein hervorragendes Gelée herstellen.


Zuerst zu den Zieräpfeln, von denen unzählige Sorten existieren. Die kleinsten Früchte sind nicht grösser als Murmeln, andere werden so gross wie Walnüsse. Viele schmecken süss, einige sehr sauer. Einfach probieren und nur ernten, wenn der Geschmack gefällt. Die grösseren Exemplare sollten vor dem ersten Frost gepflückt werden, kleine Früchte kann man auch noch im tiefsten Winter ernten.



Zierapfelsaft kann, wie schon erwähnt, süsslich oder auch herb-sauer sein. Für süsslichen Saft empfehle ich 2:1 Gelierzucker, für die saure Variante normalen Haushaltszucker. Die Zugabe von Pektin ist unnötig, die Früchte enthalten normalerweise mehr als genug davon. Die von mir erbeuteten Äpfelchen ergaben einen blumigen Saft, der wie eine Mischung aus Apfel, Quitte und Rose schmeckte. Das daraus gekochte Gelée ist wunderhübsch rosarot und hinterlässt auf der Zunge einen Hauch von Bittermandel. Wer das nicht mag, muss die Zieräpfel vor dem Kochen entkernen. 


Für 3 Gläser à 250 ml:

  • 1 Kilo Zieräpfel
  • 2 Gewürznelken oder Pimentkörner
  • 1,5 Liter Wasser
  • etwa 400 gr Bio-Gelierzucker 2:1 
  • 2 El Zitronensaft (bei sehr sauren Äpfeln weglassen)

Zieräpfel gründlich waschen, enstielen und halbieren. Zusammen mit den Gewürznelken und dem Wasser in einem grossen Topf zum Kochen bringen. 20 Minuten ohne Deckel kochen lassen, dann die Hitze etwas zurückdrehen, Deckel auflegen und weitere 25 Minuten kochen, bis die Früchte weich sind, aber noch nicht zerfallen. Eine Stunden abkühlen lassen, damit man sich beim Umfüllen nicht verbrüht. In ein Geléetuch geben und über Nacht durchtropfen lassen. Das ergab bei mir knapp 750 ml Saft. Mit Gelierzucker und Zitronensaft langsam zum Kochen bringen, abschäumen und 6 Minuten sprudelnd kochen lassen. In ausgekochte Gläser füllen, verschliessen und unter einem Tuch auskühlen lassen. 


Fruchtreste nicht wegwerfen, daraus können noch Zierapfelwodka oder -essig gezaubert werden.

Zierapfelwodka:
Ein Glas mit 1/2 Liter Fassungsvermögen mit gekochten Zieräpfeln füllen (ca. 300 gr). 2 Zimtblüten und 50 gr Zucker zugeben und mit etwa 350 ml Wodka bis zum Rand auffüllen. Deckel gut verschliessen und einen Monat ziehen lassen. Dann durch ein feines Teesieb oder einen Kaffeefilter giessen, in eine saubere Flasche füllen und nochmal mindestens einen Monat ziehen lassen.

Zierapfelessig:
Für den Essig ein Literglas mit den restlichen Zieräpfeln füllen, 5 Zimtblüten untermischen und mit Weissweinessig (ca. 500 ml) auffüllen. Ebenfalls einen Monat ziehen lassen. Kann direkt nach dem Absieben verwendet werden.