Sonntag, 2. März 2025

Glutenfreie vegane Çiğ Köfte & Çiğ Köfte Aufstrich


Eine kleine Auszeit nach Neujahr wollte ich mir gönnen, so zwei bis drei Wochen waren angedacht. Zwei Monate später kann ich auf über zwanzig Posts zurückblicken, die verfasst, teilweise sogar mit Fotos ausgestattet und trotzdem nicht veröffentlicht wurden. Meine Motivation, irgendetwas ausser dem Allernötigsten zu erledigen, ist gleich null. Neben diversen Wehwehchen macht mir der baldige Firmenumzug schwer zu schaffen. Die Auswirkungen sind unter anderem ein verdreifachter Arbeitsweg. Ein ungeschützter Arbeitsplatz in einer lärmigen Lagerhalle. Nicht einmal mehr ein abschliessbares Schrankabteil für Jacke, Handtasche, Snacks u.ä. ist vorhanden. Angekündigt als "Schulterschluss" zwischen zwei Firmen, die s-e-l-b-s-t-v-e-r-s-t-ä-n-d-l-i-c-h ihre Eigenständigkeit behalten, entwickelte sich das Ganze unterdessen zur absurde Farce. Wir wurden schwupsdiwups einverleibt und innerhalb weniger Wochen von geschätzten Mitarbeitern zu blossen Nummern degradiert. Le Big Boss, der unsere Interessen vertreten sollte, entpuppte sich als dauergrinsende Karikatur eines Managers, der sämtliche negativen Auswirkungen der Zusammenlegung herunterspielt/ignoriert und natürlich weiterhin alle seine Privilegien behält - inkl. eigenes Büro an einem anderen Standort. Fluchtartig den Job wechseln, war der erste Gedanke. Andererseits will ich mir aber auch nicht irgendwann vorwerfen müssen, ich sei zu früh "geflüchtet". Also gilt: Durchhalten bis Mai und dann die (hoffentlich) richtige Entscheidung treffen. 

P.S. Abgesehen von einem mittelmässigen Restaurant mit teuren Mittagsmenüs sind Verpflegungsmöglichkeiten am neue Standort - mitten im Industriegebiet, eingezwängt zwischen Autobahn und zwei Schnellstrassen -  quasi inexistent. Die grossartig beworbene Kantine mit Kochmöglichkeit ist in Wahrheit eine kleine IKEA Küchenzeile, gelegen in einem Raum mit dem Charme einer Pathologie, genutzt von insgesamt drei Firmen. Ja, Chef, das ist eine echte Verbesserung gegenüber drei richtigen Kantinen, täglich wechselnden Foodtrucks, einer Pizzeria, einem Dönerladen, einer Imbissbude und einem Supermarkt im Umkreis von fünf Gehminuten.....

Und schon sind wir bei der Überleitung zum heutigen Rezept gelandet. Zukünftig rangieren wieder Sandwiches ganz oben in meiner Hitliste. Möglichst mit wärmeresistenter Füllung, denn die Kantinenkühlschrankkapazität scheint eher für neun als für neunzig Lunchboxen auszureichen. 

Für 8-10 Köfte oder ein randvolles Glas mit 250 ml Fassungsvermögen:

  • 60 gr gesalzene Reiswaffeln, etwa 7-8 Scheiben
  • 1 reife, möglichst aromatische Tomate, ca. 100 gr (io: Cherrytomaten, bio)
  • 1 El Olivenöl
  • 1 El Tomatenmark (io: Tube, bio)
  • 1/2 El mildes Paprikamark (io: Tube, aus Ungarn)
  • 1/2 El Granatapfelmelasse (io: Grenadine Molasses von Chtoura)
  • 1 Tl Palmsirup, optional
  • ein gehäufter 1/4 Tl Pul Biber Tatlı / milde Paprikaflocken 
  • ein gehäufter 1/4 Tl Paprikapulver, mild (io: geräuchert)
  • ein gehäufter 1/4 Tl Koriander, gemahlen
  • 1/4 Tl Sumach
  • 1/8 Tl fein gemahlener gerösteter Kreuzkümmel 
  • 1/8 Tl Pimentpulver
  • 1/8 Tl Zimtpulver
  • eine Prise Isot Biber (io: Smoky Chipotle)
  • eine Prise gemahlener Ingwer
  • eine Prise getrocknete Naneminze 
  • eine Prise gerösteter, gemahlener Bockshornklee (Ersatz: 1/8 Tl bockshornkleelastiges Currypulver)
  • eine paar wenige Bohnenkraut- und Thymianblättchen, fein zerrieben
  • zwei Umdrehungen schwarzer Pfeffer aus der Mühle 
  • Salz (io: Bio Oriental Salz)
  • 200 ml kochendes Wasser
  • 1 Zwiebel, ca. 75 gr

Reiswaffeln im Zerkleinerer oder Mixer zerhacken. Für den Aufstrich dürfen gerne noch gröbere Stückchen übrig bleiben, für Köfte sollten die Waffeln möglichst fein zerkleinert werden. In eine Salatschüssel umfüllen. Tomate abbrausen, Stielansatz entfernen und im Zerkleinerer glatt pürieren. Messereinsatz entfernen. Alle Zutaten bis und mit Pfeffer mit dem Tomatenbrei verrühren. Zu den Reiswaffelbröseln in die Rührschüssel schütten. Sparsam salzen. Mit einem Löffel gründlich verrühren, bis alle Brösel mit der Sauce überzogen sind. Nun etwas weniger als die Hälfte des kochenden Wassers zugiessen. Rühren, rühren, rühren. Kurz quellen lassen. Kosten und, falls nötig, (kräftig) nachwürzen. Wenn man mit den Händen problemlos Röllchen formen kann, ist die gewünschte Konsistenz erreicht. Falls die Masse zu feucht ist, mehr fein zerbröselte Waffeln untermischen. Wenn Geschmack und Konsistenz passen, die Zwiebel schälen und auf der Röstiraffel in kleine Stückchen reiben (runde Bewegungen, nicht hoch und runter). Zwei Esslöffel der Zwiebelstückchen in ein feines Sieb befördern und mit einem Löffel soviel Saft wie möglich rauspressen. Zuletzt unter die Reiswaffelmasse rühren. In eine Tupperbox umfüllen. Mindestens zwei Stunden im Kühlschrank durchziehen lassen und erst vor dem Servieren zu Röllchen formen.* Für den Aufstrich mehr Wasser zugiessen, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist (io: etwa 170 ml insgesamt - natürlich auch abhängig von der verwendeten Reiswaffelsorte). Kurz quellen lassen, kosten, ggf. nachwürzen. In das blitzsaubere Einmachglas umfüllen, Deckel zudrehen, im Kühlschrank lagern und innerhalb einer Woche aufbrauchen.

* Man kann die Köfte natürlich auch direkt formen und auf knackigen Salatblättern arrangieren, aber durch die Ruhezeit verbessern sich Geschmack & Konsistenz. Die kalte Masse lässt sich ausserdem sehr gut ohne Gummihandschuhe formen: Unmittelbar vor dem Servieren einen Esslöffel voll zwischen den Händen zu einem daumendicken Würstchen rollen. Die Hand danach zusammenpressen, um die traditionelle Köfteform mit den Fingerabdrücken zu erhalten. Vier Röllchen pro Person sind ein guter Mittelwert. 

Anmerkungen: Im Winter würde ich die Tomate durch 4-5 Esslöffel Passata aus dem Glas ersetzen. Das Ausdrücken der Zwiebelstücke sorgt dafür, dass die Schärfe abgemildert wird und der Zwiebelgeschmack die Köfte nicht dominiert. Gewürzt wird nach Lust und Laune. Je mehr Gewürze, desto besser. Finde ich zumindest. Zimt, Koriander, Bockshornklee und Nane Minze können im Notfall ersatzlos gestrichen werden. Paprikaflocken 1:1 durch Paprikapulver ersetzen, Isot Biber durch Cayennepfeffer. Sumach, Piment und Kreuzkümmel gehören aber unbedingt rein. Ich verwende libanesische Granatapfelmelasse statt türkischer Granatapfelsauce (Nar ekşisi), die oft unerwünschte Zusätze wie E-Nummern enthält. Mit einem Teelöffel voll starten und nach Geschmack mehr zugeben. Kithul, ein dunkler Palmsirup, ist ein fester Bestandteil meiner Çiğ Köfte aus Bulgur und durfte deshalb auch in diesem Rezept nicht fehlen. Ahornsirup wäre ein guter Ersatz, sonst einfach weglassen. Frische, gehackte Petersilie ist nur bei Knoblauchzugabe ein Muss, ohne hält die Masse länger im Kühlschrank. Alle Zutaten, bis auf Reiswaffeln und Kithul, sind in türkischen Geschäften erhältlich. 

Keine Kommentare: