Sonntag, 4. Februar 2018

Focaccia magna



Herr C. stellte im letzten Oktober, während eines Aufenthaltes in Italien, die fundamentale Frage: Warum schmeckt in diesem Land sogar die Focaccia aus dem Supermarkt wesentlich besser als alles, was wir je in Schweizer Bäckereien unter demselben Namen angeboten bekamen? Leichtfertig gab ich zurück: Das ist doch das Gleiche, wie mit den labberigen abgepackten Frühstückshörnchen, die die Bambini so lieben. Es liegt an den Zusatzstoffen. Dutzende E-Nummern, Weichmacher und so Zeug. Daraufhin drehte er die Papiertüte um, in der sich die Focaccia befunden hatte, studierte den Aufdruck und schob sie mir danach kommentarlos in die Hände. Erstaunlicherweise umfasste die Zutatenliste nur 5 Positionen: Mehl, Kartoffelflocken, Öl, Salz und Hefe.


Wieder zurück im Tessiner Ferienhäuschen begann ich im Internet zu recherchieren, verglich dutzende Rezepte und Vorgehensweisen und nahm mir vor, nach unserer Rückkehr ins traute Heim ein bisschen in der Küche herumzubasteln. Nach ein paar Wochen war das italienische Mehl aufgebraucht, ohne dass es mir gelungen war, daraus die perfekte Focaccia herzustellen. So blieben für weitere Experimente nur noch Zutaten übrig, die ich noch vorrätig bzw. auf der Heimreise durchs Bündnerland erstanden hatte.


Und dieser "Notstand" erwies sich als purer Glücksfall. Eine Mischung aus kräftigem Weizenmehl Typ 405, hellem Ruchmehl und Bio-Kartoffelflocken führte zum ersehnten Ergebnis. Da der Grundstein für dieses Rezept in Sichtweite des Lukmanierpasses gelegt wurde, bekam die Focaccia den Namenszusatz "Lucomagno", der dann zu Focaccia magna (= gewaltiges Fladenbrot) verkürzt wurde. Passt. Absolut.


Für eine Wähenform mit 30 cm Durchmesser:

  • 260 gr Weizenmehl Typ 405 (io: Aurora Urkraft)
  • 140 gr helles Ruchmehl (io: Gran Alpin Bio-Ruchmehl)
  • 20 gr Kartoffelflocken (io: Bio Village, aus 99,9% Kartoffeln & Rosmarinextrakt)
  • 7 gr Salz
  • 4 gr frische Hefe
  • 325 gr knapp lauwarmes Wasser
  • 20 gr Rapsöl 

Alle Zutaten in die Rührschüssel der Küchenmaschine geben und etwa 14 Minuten auf Stufe 1 kneten lassen, bis sich der Teig von der Schüssel gelöst hat. Der Teig ist sehr weich, aber willig. Auf einer eingeölten Fläche mit eingeölten Händen falten. Zurück in die Schüssel legen, abdecken und 5-6 Stunden bei ca. 15 Grad aufgehen lassen. Die Backform gänzlich mit Backpapier auslegen, den aufgegangenen Teig vorsichtig mit einem eingeölten Schaber aus Schüssel lösen und in die vorbereitete Form gleiten lassen. Mit nassen Händen in der Form verteilen, d.h. vorsichtig breit drücken/ziehen, bis er die Form ausfüllt. Mit einem Backblech abdecken und etwa 30-40 Minuten an einem warmen Plätzchen (z.B. im Ofen mit eingeschaltetem Licht) aufgehen lassen. Unterdessen die Sole vorbereiten.

Salamoia:

  • 20 gr warmes Wasser
  • 2 gr feines Meersalz  (für eine Apéroversion auf 3 Gramm erhöhen)
  • 20 gr Olivenöl 

Ofen auf 220 Grad vorheizen, Gitter auf der untersten Schiene einschieben. Salz und Wasser in einer kleinen Schüssel mit dem Schwingbesen so lange durchrühren, bis das Salz vollständig aufgelöst ist. Öl zugeben und kräftig verquirlen, bis sich der Schüsselinhalt in eine helle Emulsion verwandelt hat. Spiralförmig auf den Teig giessen. Mit feuchten Fingerkuppen gleichmässig verstreichen, danach vorsichtig möglichst viele Vertiefungen in den seidenweichen, vor Luftblasen strotzenden Teig drücken. Wichtig: Den Boden dabei keinesfalls durchlöchern! Form in den Ofen stellen, nicht schwaden. 25 Minuten backen. Danach noch 5 Minuten auf der Mittelschiene gönnen, damit die Oberfläche noch ein wenig Farbe annehmen kann. Idealerweise sollte die Focaccia nach dem Backen unten hell und oben leicht gebräunt sein. Wenn sie aus Ofen kommt, hat sich in den grössten Vertiefungen brodelnde Emulsion gesammelt. Diese Flüssigkeit sofort mit einem Backpinsel auf der gesamten Oberfläche verstreichen, damit die Focaccia weich bleibt. Danach mit dem Backpapier aus der Form heben, auf ein Kuchengitter setzen und dann das Papier entfernen. Auskühlen lassen. Die Focaccia bleibt weich, hat aber trotzdem genug Biss und eine wunderbar unregelmässige, riesengrosse Porung.

Puristen reicht dieses Geschmackserlebnis, alle anderen können die Focaccia vor dem Backen noch mit Rosmarinnadeln, roten Zwiebelringen, Cherrytomaten, Oliven, Kapern(äpfeln), Pinienkernen, frischen Feigen, Za'atar, Chiliringen, Knoblauchscheiben oder einer beliebigen Mischung daraus verzieren.

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