Samstag, 9. Januar 2016

Sonnenblumiges Honigbrot aus dem Topf



Seit ein paar Tagen leide ich, völlig ungewohnt und wohl wetterbedingt, an Einschlafproblemen. Normalerweise reicht mir in so einem Fall ein möglichst langatmiges Buch und einige Minuten später bin ich weg. Doch momentan helfen nicht einmal die russischen Schriftsteller, bei denen mir gewöhnlich nach wenigen Seiten die Augen zufallen. Donnerstag, lange nach Mitternacht, griff ich daher aus purer Verzweiflung zu einer uralten Ausgabe von "Der Zauberberg", die mich bisher immer schnurstracks in einen komatösen Zustand versetzt hat. 200 Seiten später drohte mein Schädel zu zerplatzen, aber der Schlaf liess immer noch auf sich warten. Nach zwei Gläsern Schlehensirup ging es meinem Kopf wesentlich besser und ich beschloss, da ich ja sowieso wach und in der Küche war, einen Brotteig anzusetzen. Nach Sichtung der am Kühlschrank klebenden Fresszettelsammlung, fiel die Wahl auf ein Rezept von Martin Johansson als Grundlage, da der Teig ohne Küchenmaschine zubereitet wird. Ein unschlagbarer Vorteil um 4:00h in der Früh. 


Frisch-fröhlich plünderte ich den Vorratsschrank, stellte die verschiedensten Gläser vor mir auf, wog nach reinem Gutdünken ab, rührte alles kräftig zusammen, versah die Schüssel mit einer Duschhaube und schlich zurück ins Bett, wo ich wenige Minuten später endlich einschlief. Vierzehn Stunden später hob ich vorsichtig den Deckel von der brandheissen Cocotte und konnte mich, trotz furchtbarer Müdigkeit, zu einem wirklich gelungenen Brot beglückwünschen. 


Für ein Brot:

  • 150 gr Weizenmehl Typ 550
  • 130 gr Ruchmehl
  • 100 gr Farina di Manitoba
  • 70 gr helles Roggenmehl
  • 4 gr frische Hefe
  • 30 gr Waldhonig
  • 25 gr geröstetes Sonnenblumenkernmus*
  • 9 gr Salz
  • 325 gr kaltes Wasser

Alle Mehlsorten in eine Rührschüssel vermischen, die Hefe reinrubbeln, dann die restlichen Zutaten zugeben. Fünf Minuten kräftig mit einem Kochlöffel von Hand (oder zwei Minuten in der Küchenmaschine auf Stufe 2) verrühren, bis sich ein klebriger Ball gebildet hat. Schüssel abdecken und 8-12 Stunden bei kühler Zimmertemperatur (ca. 15 Grad) gehen lassen. Gärkorb mit einem Tuch auskleiden und mit reichlich (Ruch)Mehl bestreuen. Arbeitsfläche ebenfalls bemehlen, Teigschaber befeuchten und den Teig damit aus Schüssel heben. Mit bemehlten Händen vorsichtig auseinanderziehen, bis er etwa den Durchmesser einer Pizza hat. Zu einem runden Laib falten und in das vorbereitete Gärkörbchen setzen. Abdecken und 40-60 Minuten aufgehen lassen, bis er sich um ca. 70% vergrössert hat. Unterdessen einen Gusseisentopf mit Deckel (ich: 4,7 Liter Cocotte von Le Creuset) auf das Gitter stellen, auf der zweiten Schiene von unten einschieben und den Ofen auf 250 Grad vorheizen. (Dauert bei mir ca. 35 Minuten). Topf aus dem Ofen holen, Deckel wegnehmen. Teig vorsichtig schräg hineinkippen, so dass das Gärtuch gut weggezogen werden kann. Schnell 3 mal der Länge nach einschneiden, Deckel wieder auflegen und zurück in die Zukunft den Ofen. Zuerst 15 Minuten bei 250 Grad, dann 25 Minuten bei 220 Grad backen. Den Deckel wegnehmen und das Brot noch 5-10 Minuten nachbacken. Vorsichtig aus dem Topf heben und auf einem Kuchengitter abkühlen lassen. Knistert richtig sexy beim Abkühlen.

*Gibt's neuerdings im Bioladen oder einfach selber herstellen: Sonnenblumenkerne im Ofen hellbraun rösten, leicht abkühlen lassen und im Mixer zu Mus pürieren. Ausführlicher Post dazu folgt bald. 


8 Kommentare:

milchmaedchen hat gesagt…

Klingt großartig – und der Rest kommt mir sehr, sehr, SEHR bekannt vor. In der nächsten schlaflosen Nacht trink' ein Likörchen für mich mit!

Anonym hat gesagt…

Zum Glück habe ich schon sehr lange keine schlaflosen Nächte mehr gehabt, andererseits, wenn dann so ein gutes Brot dabei heruaskommt... ;-)

Susanne hat gesagt…

Also, das Honigbrot von Herrn Johansson ist klasse, und deine Variation auch.
Aber der Zauberberg als Einschlafhilfe? Tssss. Ich gehöre vermutlich zu den wenigen Leuten, die Thomas Mann komisch finden und kichernd und hellwach hinter dem Buch sitzen. Naja, irgendeine Macke muss man ja haben ;-)

Krisi hat gesagt…

Hui, da hat sich die schlaflose Nacht ja schon beinahe gelohnt;) Das Brot sieht toll, die Kruste ist super gewprden!
Liebe Grüsse,
Krisi

Cooketteria hat gesagt…

@ milchmädchen
Werde ich machen. Einen doppelten Schlehengin on the Rocks, wenn's recht ist.

@ kochpoetin
Ich bevorzuge normalerweise den Schlaf. Der ist kalorienärmer... ;-)

@ Susanne
Sein Honigbrot kannte ich gar nicht, gerade gegoogelt und bei dir das Rezept dazu entdeckt.
Mein Honigbrot basiert auf einem Rezept für Honigbrötchen aus seinem zweiten (?) Buch.
Thomas Mann & komisch? Echt? Habe nur 3,5 Bücher von ihm gelesen (Buddenbrocks,
Venedig, Faust), aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich an irgendeiner Stelle kichern musste.
Ist vielleicht auch einfach schon zu lange her.

@ Krisi
Nicht nur die Kruste ist top, auch das Innenleben kann mit dem Aussehen mithalten.
Falls ich beim nächsten Laib eine Scheibe retten kann, werde ich das Foto davon noch nachreichen.
Ganz liebe Grüsse zurück


kegala hat gesagt…

Liebe Cooketteria,
dieses Wochenende habe ich ich mich Deinem interessanten Brotrezept gewidmet. Zwei Mehlsorten waren mir nicht bekannt.
Zum Glück gibt es ja das Netz... und so stand der Backaktion am Wochenende nichts mehr im Wege.
Ich war begeistert von dem Ergebnis. Ganz herzlichen Dank dafür
und liebe Grüße
Gaby

kegala hat gesagt…

Huhu liebe Cooketteria,
ich bin Wiederholungstäter... der nächste Brotteig ruht :))
Ich freue mich schon auf das nächste Anschneiden <3

kegala hat gesagt…

... diesesmal nahm ich 150 g Dinkel, habe diesen frisch gemahlen und auch wieder den Roggen. Den Rest nach Vorgabe... das Brot habe ich dann frei eingeschoben.
Das Ergebnis ein wunderbares Brot <3