Mittwoch, 13. Mai 2015

Rezension: Hummus, Bulgur & Za'atar


Herr C. ist zu meinem Leidwesen kein begeisterter Fan der orientalischen Küche. Er kann gut auf Auberginen, Kreuzkümmel, Chilis und Korianderkraut verzichten, und ist allgemein skeptisch, wenn mit Gewürzen wie Zimt, Piment und Koriandersamen verschwenderisch umgegangen wird. Mastix, Mahlap, Rosen- und Orangenblütenwasser gehören seiner Meinung nach in Kosmetik, aber nicht auf den Teller. Gemüse oder Salate mit Zitronensaft findet er viel zu sauer und zuckersüsses Gebäck kann ihn auch nicht locken. Mit anderen Worten: Oft, wenn er geschäftlich abwesend ist, steigt im Hause C. eine Orgie wie aus 1001 Nacht. Natürlich nur auf kulinarischer Ebene, für alles andere bin ich viel zu alt. Um mein Repertoire zu erweitern, ist kürzlich Hummus, Bulgur und Za'atar von Rawia Bishara aus dem Fackelträger Verlag bei mir eingezogen. Glücklicherweise ist Herr C. bald eine Woche abwesend, denn auf der Nachkochliste hat sich dank des Buches noch einiges mehr angesammelt.

Erster Eindruck:
Optisch ein Volltreffer. Fast jedes Rezept wird von einem seitenfüllenden, stimmigen Foto begleitet. Die Farben und Dekoelemente sind, passend zu den Gerichten, orientalisch-bunt und versetzen mich schon beim Durchblättern in Ferienstimmung. Fotos von Land, Leuten und Lebensmitteln runden das Ganze ab. 

Inhalt:
Aufgeteilt wurde in folgende Kapitel: Frühstück, Vorspeisen, Salate, Suppen & Eintöpfe, Beilagen, Eingelegtes & Saucen und Desserts. Aber halt, da fehlt ja noch etwas. Genau, die Hauptgerichte. Dieses Kapitel wird noch unterteilt in Vegetarisch, Fisch & Schalentiere, Geflügel und Lamm & Rind. Am Anfang des Buches findet sich praktischerweise gleich eine Doppelseite mit dem Titel "Speisekammer", auf der die wichtigsten Zutaten für die mediterran-orientalischen Köstlichkeiten aufgelistet und kurz erklärt werden. Jedes Kapitel, und auch beinahe jedes Rezept, werden mit ein paar Worten der Autorin eingeleitet. Spätestens jetzt wird klar, dass es sich um ein sehr persönliches Kochbuch handelt, was die Lektüre noch viel sympathischer macht. Unter den über 130 Rezepten finden sich einige Klassiker, wie beispielsweise Hummus, Kibbeh, Baba Ghanoush, M(u)hammara, Falafel, Taboulé, gefüllte Weinblätter und Harira. Viel häufiger vertreten sind aber Familienrezepte, die man in anderen Kochbüchern vergeblich sucht. Zum Beispiel Eier mit Za'atar, Joghurt-Tahini mit Kichererbsen, syrischer Kartoffelsalat, Tomaten-Kürbis-Suppe, Blumenkohleintopf mit Lamm und Granatapfelsirup,  gegrillter Red Snapper in Weinblättern, Hühnchen-Fetti oder Palästinensischer Couscous. Nicht ganz zum Konzept passend sind europäische bzw. amerikanische Gerichte wie Rosenkohl mit Panko, Rote-Bete-Salat mit Basilikumpesto, Blumenkohlsalat, Aubergine Napoleon, Lachs mit Pestosauce oder Schokolade-Himbeer-Kuchen. Normalerweise schätze ich eine grosse Bandbreite, doch die letztgenannten Rezepte sind meiner Meinung nach komplett überflüssig.

Unbedingt ausprobieren möchte ich noch:

- Libanesische Pasteten mit Mastix und Fleischfüllung 
- Eingelegte gefüllte Auberginen
- Fladenbrot mit roter Paprika und Zwiebeln
- Okraschoten mit Lamm und Granatapfelsirup
- Gegrillter Löwenzahn mit karamellisierten Zwiebeln
- Scharfer Reis mit Tomaten, Kreuzkümmel und Erbsen
- Gefüllte Artischocken mit Fleisch und Pinienkernen
- Eingelegte Steckrüben mit Roter Bete
- Sahlab mit Mastix, Orangenblüten- und Rosenwasser
- Glutenfreier Mandarinen-Aprikosen-Kuchen
- Mamoul mit Mastix, Mahlap und Pistazien (und ja, ich bin ein kleiner Mastix-Freak)

Was meint der Magen:
Fünf Rezepte habe ich herausgepickt und vier davon haben meine Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen. Die gebratenen Tomatenscheiben sind einfach in der Zubereitung und zerschmolzen förmlich im Mund. Die Reste landeten am nächsten Tag zusammen mit Tahini-Petersilien-Sauce in einem Stück Fladenbrot, was ein köstliches Sandwich ergab. Das Schüsselchen grauer Hummus wurde, trotz der ungewöhnlichen Farbe, noch am gleichen Abend mit Begeisterung weggedippt. Im Rezept werden helle Kichererbsen verwendet, ich hatte aber nur noch schwarze Ceci aus Italien im Vorratsschrank. Das verwendete Tahin war ebenfalls schwarz, sonst wäre das Ergebnis wohl schmutzigbraun ausgefallen. Schwesterherzens Kommentar: Toller Partygag. Beton in der Schüssel. Tstststststs.....


Der Olivenaufstrich mit Sardinen fand hellen Anklang bei Herrn C., mir war er pur schon fast ein bisschen zu fischig. Liegt aber wahrscheinlich an der Qualität der verwendeten Fischkonserve und nicht am Rezept. Muttabal, eigentlich ein Salat aus Auberginen und Tomaten, blieb aus Versehen ein paar Umdrehungen zu lange im Mixer und transformierte sich zu einem Aufstrich. Geschmeckt hat es trotzdem. Einzig beim Arabischen Brot konnte ich keinen Erfolg verbuchen. 620 ml Wasser, 250 gr Joghurt und 250 ml Olivenöl auf 750 gr Mehl ergeben eine flüssige Pampe, aber keinen knet- oder formbaren Brotteig. Das Desaster ahnend, hatte ich glücklicherweise nur ein Sechstel der Menge angerührt. Den türkischen Bäcker zwei Strassen weiter freute es, so wurde er für mein Testessen zwei seiner Pide los. Good to know: Wer kein gut sortiertes türkisches und/oder arabisches Lebenmittelgeschäft in seiner Nähe hat (oder über entsprechende Vorräte verfügt), wird beim Nachkochen zwangsläufig schnell an seine Grenzen stossen. Viele Zutaten lassen sich nur schlecht oder gar nicht ersetzen, darum unbedingt bei nächster Gelegenheit Granatapfelsirup, Tahini, Bulgur, rote Linsen, Kreuzkümmel, Piment und Co. bunkern.

Fazit:
Definitiv kein typisch orientalisches Kochbuch. Aber genau das macht seinen Reiz aus. Wer sich, seine Familie und Freunde mit schnörkellosen Gerichten ohne Chichi verwöhnen möchte, liegt mit diesem Kochbuch genau richtig. Eher für fortgeschrittene Köche als für blutige Anfänger geeignet, denn die Anleitungen und die einzelnen Arbeitsschritte sind manchmal sehr knapp gehalten.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte: Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den Fackelträger Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.


3 Kommentare:

milchmaedchen hat gesagt…

Klingt großartig! Meinem Kerl mache ich mit sowas zum Glück eine große Freude (vielleicht von Oliven und Sardinen abgesehen... ;)) – nicht zuletzt, weil er unseren "Pidemann" ganz schön vermisst. Und Stichwort Za'atar: das ist hier dermaßen überfällig...!

Cooketteria hat gesagt…

Ich beneide dich um deinen Kerl. *soifz*

(Und bevor das jemand falsch versteht, ich meine weil er kulinarisch wohl nicht halb so heikel ist wie Meinerseiner).

Hatte ja am Anfang noch Hoffnungen, dass, sich da mit den Jahren vielleicht noch was ändern könnte. Nope, falsch gedacht. *doppelsoifz*

milchmaedchen hat gesagt…

Oha! Ich lese das gerade dem Kerl vor und er lacht. Heikel kann er nämlich hervorragend... :)