Nach einer langen Irrfahrt durchs Elsass, tauchte am gefühlten Ende der Welt eine Ferme auf. Die Schiefertafel versprach hausgemachtes Brot, Käse, Wurst, Heidelbeerwähe und Siesskas mit Kirsch. Auf Nachfrage, was denn Siesskas sei, folgte ein Schwall unverständlichen Dialekts und zwanzig Sekunden später ein Schüsselchen zum Probieren. Nach unzähligen weiteren Schüsselchen hatte ich einen leichten Schwips und die Tagesproduktion ganz alleine vernichtet. Leider konnte ich die kratzbürstige Dame des Hauses nicht dazu bewegen, Zutaten und Herstellung des Siesskases in verständlichem (Hoch)Französisch zu erläutern.
Freunde aus dem Elsass behaupteten steif und fest, Hauptbestandteile seien Quark und rohe Eier. Nein, Eier waren da definitiv nicht drin. Sonst hätte ich schon beim ersten Versucherli Reissaus genommen... In einem Antiquariat fand ich das Buch "Kulinarische Streifzüge durchs Elsass" und beim Durchblättern stach mir ein Gericht namens "Weisser Käse aus den Vogesen" ins Auge. Buch gekauft, Lab in der Apotheke bestellt, Rezept ausprobiert et voilà, genau so schmeckte der Siesskas damals. Mild-sahnig, nur leicht süss und wunderbar cremig. Wer mag, kann dazu noch frisches Obst, Kompott oder eine Fruchtsauce reichen.
Für 2-3 Portionen:
- 1 Liter frische Rohmilch
- 100 ml frische Sahne
- 1 El Zucker
- 1 Tl Alpenrose Labessenz (oder vegetarisches Lab, Menge berechnet für einen Liter Milch)
- Eau de Vie de Kirsch
Rohmilch auf 45 Grad erhitzen. Sahne und Zucker einrühren. Wenn die Molke weiterverarbeitet werden soll (z.B. zum Brotbacken), den Zucker weglassen und später separat zum Siasskas reichen. Milch auf 36 Grad abkühlen lassen. Lab mit einem Esslöffel Wasser mischen. Zur Milch giessen und eine Minuten kräftig verrühren. Über den Topf ein Küchentuch legen (fängt das Kondenswasser auf), Deckel draufpressen und den Topf an ein warmes Plätzchen stellen. Im Winter z.B. auf eine mittelwarme Heizung. Danach den Topf nicht mehr bewegen, sonst dickt die Milch nicht an. Je nach Temperatur und verwendetem Lab braucht die Milch zwischen 30 Minuten und 6 Stunden, bis sie sich in eine dicke Gallerte verwandelt hat.
Mit einem Messer in fünflibergrosse Stücke schneiden, zehn Minuten ruhen lassen. Vorsichtig mit einem Löffel kurz durchrühren, nochmals zehn Minuten stehen lassen, damit die Molke besser abfliessen kann. Ein grosses Sieb mit einer ausgekochten Mullwindel/Geléetuch/Nussmilchbeutel auslegen, den Käsebruch hineinschöpfen. Ggf. eine Schüssel unterstellen, damit die Molke aufgefangen wird. Eine halbe Stunde abgedeckt abtropfen lassen. In eine Faisselleform umfüllen (oder im Sieb belassen), in den Kühlschrank stellen und dort mindestens eine weitere Stunde abtropfen lassen. Ab und zu die Konsistenz kontrollieren. Der Siesskas soll weich und cremig bleiben. Wenn die gewünschte Konsistenz erreicht ist, mit Kirsch und Zucker servieren.
Anmerkung: Frischkäse aus Rohmilch sollte innerhalb von 24 Stunden nach der Herstellung verzehrt werden. Sonst die Rohmilch vorher auf 70 Grad erhitzen oder frische Vollmilch mit mindestens 3,8% Fett nehmen. Je besser die Milch, desto besser der Siesskas. Von Bonjour Alsace wird kulinarisches aus dem Elsass gewünscht, Zorra sammelt alles ein und ich bin endlich wieder mal bei einem Event mit dabei. ;-)
8 Kommentare:
Super!
Ich bin auch schon auf der Suche nach einem Rezept für die Sabine.
Bis jetzt ist mir nur was mit Sauerkraut eingefallen.
Werde weiter intensiv nachdenken..grübel...grübel...
:)
Eine schöne Geschichte, ein noch schöneres Rezept! Der erste Beitrag fürs Blogevent! Danke!
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag, eine schöne Geschichte, ein schönes Rezept - was für ein Glück, dass es nicht unwiederbringlich gelöscht wurde
@ Sybille
Sauerkraut mit Reisknödeln? ;-)
@ Bonjour Alsace
Gerne geschehen. Wenn's gefällt, dann ist's richtig gemacht. (Irgendwie so ging der Spruch meines Onkels. Oder war es anders herum?)
Der sieht gut aus! und - wieder was gelernt - man kann Lab in der Apotheke kaufen!!!
Da wir mitten in der Stadt wohnen, schien mir eine Apotheke oder Drogerie die beste Anlaufstelle. Auf dem Land bekommt man Labtabletten und hochdosiertes Flüssiglab auch in Läden mit landwirtschaftlichem Zubehör, aber die Zusammensetzungen sind meist für Grossproduktionen ausgelegt. Fünf Tropfen reichen dann für 25 Liter Milch oder so. Die Labessenz lässt sich wesentlich besser dosieren.
Eine tolle Geschichte und für mich ein sehr interessantes Rezept für einen Frischkäse. Ich habe selbst längere Zeit täglich Käse gemacht (ab 50 l Milch) und bevorzugte das Labpulver. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass für wenig Milch die Labessenz besser dosierbar ist.
Nur eine kleine Anmerkung für Vegetarier. Die Firma behauptet nicht, dass Alpenrose Labessenz vegetarisch ist, sondern betont das Gegenteil, also dass es ein Naturprodukt ist und dass das Enzym Chymosin aus dem natürlichen Lab kommt. Das Vegetarische Chymosin wird gentechnisch erzeugt.
Liebe Grüße
Anna
@ Anna Purna
Danke für deinen Kommentar.
Allerdings kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum du speziell anmerkst, dass Alpenrose Labessenz nicht vegetarisch ist. Hat jemand das Gegenteil behauptet?
Der Hersteller weist auf seiner Homepage (Link im Text) und in der Packungsbeilage ausdrücklich darauf hin, dass die Labessenz tierischen Ursprungs ist.
Darum gebe ich ja bei den Mengenangaben auch als Alternative die Verwendung von vegetarischem Lab an (...ODER vegetarisches Lab, berechnet für einen Liter Milch...).
Liebe Grüsse zurück
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