Dienstag, 24. Januar 2012

Aargauer Helsweggen - DKduW




Helsete = Patengeschenk zu Neujahr
Helsweggen = Patengeschenk in Form eines Weggen (Brotes)

Vielerorts auf dem Land erhielten die Kinder früher ihre Patengeschenke zu Neujahr in Form von Eierzöpfen, süssen Ringen oder Birnbroten. Meist zusammen mit dem Neujahrsbatzen (kleiner Geldbetrag). Dieser Brauch ist vor allem in den Kantonen Aargau und Luzern noch bis ins 20. Jahrhundert gepflegt worden. Heute scheint er mehr oder weniger ausgestorben zu sein. Tempora mutantur nos et mutamur in illis.

Im Klassiker "Ächti Schwizer Chuchi" von Marianne Kaltenbach, habe ich dieses Rezept für Helsweggen entdeckt. Beim Lesen stutze ich, denn dem Teig werden Pfeffer, Muskat, Nelken und Majoran zugesetzt. Eine eher ungewöhnliche Kombination, um Brot zu würzen. Leider wird nicht erwähnt, ob die Verwendung genau dieser Gewürze eine spezielle Bedeutung hat und woher das Rezept ursprünglich stammt. Aber egal, es klingt ungewöhnlich, also muss es nachgebacken werden. Die im Buch angegebene Menge habe ich halbiert und ein bisschen modifiziert.

Für einen Weggen:

  • 500 gr Mehl, Typ 405
  • 9 gr Salz
  • 1 Tl getrocknete Majoranblättchen, zwischen den Handflächen fein zerrieben
  • 1/3 Tl schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
  • 1/4 Tl Muskatnuss, frisch gerieben
  • 2 Msp Nelkenpulver
  • 1 El Zucker
  • 1/2 Päckchen Trockenhefe
  • 300 gr Milch
  • 50 gr Butter
  • 1 El geschmacksneutrales Öl
  • 1 Ei Grösse M
  • ein weiteres Ei oder Eigelb zum Bestreichen, optional

Mehl, Salz, Gewürze, Zucker und Trockenhefe in der Schüssel der Küchenmaschine vermischen. Milch in einem Topf erwärmen, Butter zugeben und auf kleiner Flamme schmelzen lassen. Topf zur Seite stellen, bis die Milch etwas mehr als handwarm ist (ca. 40 Grad, Trockenhefe ist da nicht so empfindlich). Die Milch zur Mehlmischung schütten, Öl und Ei zugeben. Maschine 1-2 Minuten auf kleiner Stufe laufen lassen, bis sich alles grob vermischt hat. Dann eine höhere Stufe einstellen und weitere 6-8 Minuten kneten lassen. Der Teig sollte am Schluss schön elastisch sein und nicht mehr kleben. Sonst ggf. wenig Mehl oder etwas Wasser einarbeiten. Schüssel mit Klarsichtfolie abdecken und für ca. 120 Minuten an ein warmes Plätzchen stellen, bis sich das Volumen des Teigs verdoppelt hat.

Backofen auf 220 Grad vorheizen, Backblech mit Backpapier belegen. Dann den aufgegangenen Teig einmal kräftig durchkneten und anschliessend zu einem runden Laib formen. Auf das Backblech legen, mit eingeölter Folie abdecken und noch einmal 40 Minuten gehen lassen. Nach Wunsch mit Eigelb oder Milch bestreichen und mit einem scharfen Messer mehrmals quer einschneiden. Auf der mittleren Schiene zuerst 20 Minuten bei 200 Grad anbacken, dann weitere 20 Minuten bei 180 Grad fertig backen. Der Weggen sollte goldbraun sein und hohl tönen, wenn man den Klopftest macht. Auf einem Gitter auskühlen lassen und möglichst innerhalb von 2 Tagen aufbrauchen.

Dazu gab es Butter, Salami, Bresaola, Appenzeller Käse, Honig und Hagebuttenkonfitüre. Da die Gewürze nicht stark herausstechen, passen auch süsse Aufstriche. Uns gefällt dieses aussergewöhnliche Brot sehr gut, eine interessante Abwechslung auf dem Frühstückstisch.


Noch ein paar Worte zum Kochbuch:
Ich habe mir das Buch vor etwa acht Jahren in einem Antiquariat gekauft, da ich ein Faible für die traditionelle Schweizer Küche habe. Die Aufmachung in meiner Ausgabe von 1982 ist einfach gehalten. Keine Fotos, dafür viele Illustrationen (leider fast keine zum Aussehen der Gerichte), die Schrift ist recht klein und das Format eher unhandlich. Und trotzdem liebe ich das Buch heiss und innig. Wegen den Geschichten zu den einzelnen Gerichten, Erklärungen zu Traditionen und Brauchtum und weil sich das Nachkochen der Rezepte wirklich lohnt. Ausserdem finden sich darin auch viele Gerichte mit sehr ungewöhnlichen Namen, wie z.B. "Schunggebegräbnis"(=Schinkenbegräbnis) oder "Alte Maa"(=alter Mann). Ein richtig toller Schmöker.

Die letzten zwei oder drei Jahre wurde es nur als Nachschlagewerk und Lesebuch verwendet. Nun wird es Zeit, wieder öfters etwas daraus nachzukochen. Wenn ich nicht so faul wäre, würde ich mit diesem Buch glatt eine Nummer à la "Julie & Julia" durchziehen. Bei den vielen Rezepten, die ich mit Zettelchen markiert habe, würde es sich wahrscheinlich sogar lohnen...

Dies ist mein zweiter Beitrag zum Dauerevent "DKduW", freundlicherweise gehostet von Foodfreak.

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