Montag, 31. August 2015

Buchvorstellung: Plant Food von Matthew Kenney

   

Frau C. im Rohkostfieber? Bis vor ein paar Wochen hätte ich über diese Aussage gelacht, aber Plant Food von Matthew Kenney aus dem Unimedica Verlag hat mich eines Besseren belehrt.

Erster Eindruck:
Softcover, tolles Titelbild, gefällt mir alles auf den ersten Blick. Die Fotos im Innern sind phantastisch. Eher minimalistisch gehalten und genau deshalb machen sie Lust auf mehr. Man möchte sofort losziehen und den Gemüsemarkt plündern. Vorerst einziges Manko: Leider ist nicht jedes Rezept bebildert.

Inhalt:
Laut Klappentext ist Mister Kenney nicht nur einer der renommiertesten Raw-Food-Köche (mit Restaurants in Kalifornien, New York und Maine), sondern auch Autor mehrerer kulinarischer Bestseller. Ehrlich gesagt, war er mir bis dato unbekannt, aber man lernt ja nie aus. Nach der Einführung mit dem Titel "Die neue Rohkostküche", in der er seine Zubereitungsphilosophie erklärt, folgen die Kapitel mit den Rezepten in ungewohnter Reihenfolge: Sammeln, Belassen, Sprossen, Pürieren, Dörren, Räuchern, Versiegeln, Einlegen, Pressen, Fermentieren, Reifen, Süssen und Trinken. Den Abschluss bildet das Kapitel über moderne Geräte und Zutaten. 

Nicht nur die Präsentation, auch die Namen der meisten Gerichte sind recht minimalistisch. Beispiel: Geräucherte Tomaten, Pfirsiche, Basilikumeis. Oder: Khakifrucht, wilde Rauke, Pistazien. Mehr vorstellen kann man sich wahrscheinlich unter einem Portobello-Salat, Karottensuppe mit Karottenwolke und Kimchi-Taschen. Ein bisschen ausführlicher wird die Betitelung dann bei Gerichten wie Süsskartoffelchips mit Schwarzer-Pfeffer-Crème und Hijikikaviar. Radieschen mit Roggen-Algen-Chips und Macadamiabutter-Variationen. Oder: Blumenkohl, eingelegte Zitronen, Walnuss, Harissa. Schon fast episch: Kelp-Nudeln, schwarzer Pfeffer, Pfifferlinge, Knackerbsen, Olive, Erbsenranke. Nicht zu vergessen: Schokoladenkuchen, Walnuss, Süssholz, Birne, Fenchel, Sassafras. Teilweise verstecken sich dahinter Gerichte, die fast nur aus den aufgezählten Hauptzutaten bestehen. Meist ist die Zutatenliste aber länger. Der Schwierigkeitsgrad schwankt von sehr einfach bis extrem aufwändig (zumindest empfinde ich das so). Viele der verlangten Zutaten sind leider nicht einfach aufzutreiben. Ich kenne beispielsweise keine Quellen für Anisextrakt, Wassermelonen-Rettich, Mikro-Kräuter und Kichererbsenmiso. Oder einen adäquaten Ersatz für Jicama, der auch roh genossen werden kann. So sehr mich dieses Buch begeistert, muss ich doch darauf hinweisen: Ambitionierte Hobbyköche, die Spezialzutaten wie Xanthan, Lecitin oder probiotische Kapseln im Vorratsschrank haben, und Equipment wie Dörrer, Entsafter oder Vakuumiergerät besitzen, sind klar im Vorteil. Nicht falsch verstehen, viele Gerichte lassen sich auch ohne das ganze aufgezählte Spezialzeug verwirklichen, aber es handelt sich hier um das Werk eines Rohkost-Spitzenkochs und entsprechend gross ist die Bandbreite der geforderten Lebensmittel und Geräte. Halt genau wie bei Kochbüchern von "normalen" Sterneköchen auch. Von Stefan Wiesner oder Marc Veyrat erwartet ja auch keiner, dass sie ihre Zutatenlisten auf das Sortiment eines Discounters beschränken.

Was meint der Magen:
Für den Anfang habe ich mich an die einfacheren Gerichte gehalten und teilweise auch getrickst, da ich mich ja nicht streng rohköstlich ernähre. Sehr gelungen fand ich die Steinpilzcracker mit Zitronenverbenen-Crème. Allerdings würde ich die Menge der Zitronenverbene nächstes Mal reduzieren, ein wenig dezenter dürfte es schon sein. Der Frühlingsgemüsesalat verwandelte sich in einen Was-wir-gerade-im-Garten-ernten-können-Salat (Malabarspinat, Himbeeren, Hirschhornsalat, Portulak, Kohlrabiblätter) und aus der Erdbeer- wurde eine Heidelbeer-Vinaigrette. Leckere Sache, auch wenn Herr C. den Anteil an Minzeblättern viel zu hoch fand. Bei der Birnensuppe mit Sellerie und Wacholderöl habe ich zum ersten Mal getrickst. Statt frisch gepressten Selleriesaft, nahm ich nämlich pasteurisierten aus der Flasche. Ohne Xanthan blieb die Suppe natürlich ziemlich dünn, geschmacklich konnte sie aber auch so überzeugen. Und auch bei den Roggen-Algen-Chips musste ich ein bisschen an der Rezeptur herumpfuschen. Der Selleriesaft kam wieder aus der Flasche (Resteverwertung) und einen Teil der Leinsamen und das Kombu-Pulver wurden durch Kürbiskerne ersetzt (auch schön grün). Das Ergebnis könnte ihr auf dem Foto bewundern:


Chips/Cräcker aus dem Dörrer sind ein echt cooler Snack, muss ich zugeben. Mit ein bisschen Pilz-Walnuss-Paté und scharfen Aprikosen serviert, sind sie das perfekte Fingerfood zu einem Glas Weisswein.

Fazit:
Wie schon geschrieben, bin ich schwer begeistert. Allen, die experimentierfreudig sind und einen Ausflug in die gehobene Raw-Food-Küche unternehmen möchten, kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen. 

P.S. Erst jetzt bemerkt: Im Buch lag ein Flyer, mit dem einige der Spezialzutaten und Geräte direkt beim Verlag bestellt werden können. Praktische Sache.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte: Die in dieser Rezension geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst.       
Einen ganz herzlichen Dank an den Unimedica Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. 


2 Kommentare:

milchmaedchen hat gesagt…

Steinpilzcracker mit Zitronenverbenen-Crème O.O! Wie großartig klingt denn bitte das? Klappt das zufällig auch ohne Dörrer? Sowas besitze ich nämlich nicht und gedenke vorerst auch nicht, solcherlei anzuschaffen...

Cooketteria hat gesagt…

Im Ofen habe ich es noch nicht ausprobiert, aber prinzipiell können solche Cräcker ohne Probleme bei höheren Temperaturen getrocknet werden. Das heisst, ich halte mich selten an die Rohkost-Regel mit den 42 Grad, sondern dörre Chips und Cräcker meist bei 60 oder auch 70 Grad. Bei höheren Temperaturen (schätze mal ab 100 Grad), wird sich der Geschmack wohl ziemlich verändern. Ob das positiv oder negativ ist, sei dahingestellt. Ich persönlich mag Röstaromen. Kale-Chips, beispielsweise, sind aus dem Rohr hundertmal besser als aus dem Dörrer. Selbiges gilt für Süsskartoffel- und Pastinaken-Chips.