Mittwoch, 29. April 2015

Waldmeisterwein - Ein wilder Digestif



In Frankreich ist die Herstellung von aromatisiertem Wein ein beliebtes Hobby. Das Vorgehen ist kinderleicht: Früchte (z.B. Aprikosen, Pfirsiche, Brombeeren, grüne Walnüsse), Blätter (Pfirsich, Sauerkirsche), Gewürze (Vanille, Zimt, Nelken), Garten- oder Wildkräuter (Thymian, Rosmarin, Zitronenmelisse) dürfen einzeln oder bunt gemischt für eine bestimmte Zeit in Wein mazerieren. Zucker und hochprozentiger Alkohol verlängern die Haltbarkeit und verleihen dem portweinähnlichen Gebräu die typische Süffigkeit. Manche Weine werden zum Apéro serviert, andere als Begleitung zu einem Dessert oder sie runden ein Festmahl als Digestif ab. Der geschmacksintensive Waldmeisterwein gehört eindeutig zur dritten Sorte. Ein kleines Gläschen davon kann sogar Kopfschmerzen bändigen oder vertreiben. Herr C. genehmigt sich immer zwei Schlückchen, sobald er das Gefühl hat, dass eine Migräne naht und kann danach oft auf Tabletten verzichten. * 

Für eine Flasche:

  • 40 gr Zucker
  • 75 ml Wodka 
  • 1 kleine Bio-Orange
  • 1/2 ausgekratzte Vanilleschote
  • 12 Stiele / ca. 5 gr angetrockneter Waldmeister
  • 750 ml Weisswein (z.B. Soave oder Pinot Grigio)

Zucker und Alkohol in ein grosses Einmachglas geben und so lange verrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Orange heiss abwaschen, trocknen und die Schale abreiben. Restliche Frucht in feine Scheiben schneiden und zusammen mit der abgeriebenen Schale, der Vanilleschote und den Waldmeisterstängeln ebenfalls in das Glas geben. Mit dem Wein übergiessen, Deckel gut zudrehen und drei Tage durchziehen lassen. Danach absieben, in eine saubere Flasche umfüllen und am besten im Kühlschrank lagern. Eisgekühlt servieren.

* Doch Vorsicht: Viel hilft viel ist hier eindeutig die falsche Devise! Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen wären die Folgen. Waldmeister sollte immer nur in kleinen Mengen genossen werden.

Garten-Koch-Event April 2015: Frühlingskräuter [30.04.2015]

Und ab damit zum Gärtner-Blog, wo aprilfrische Rezepte mit Frühlingskräutern gesammelt werden.

Sonntag, 26. April 2015

12 x [GE] - Meine Hirnwindungen unter der Lupe -2-




[GE]gessen: Heublumenkäse 

[GE]trunken: Tee aus Verveine & Ringelblumenblüten

[GE]kocht: Cauponatadingsbums mit Farina bona Polenta

[GE]backen: Schrankbrot mit gekeimten Roggenflocken

[GE]wesen: In Nenzlingen zwecks Erwerb von Wildschweinwurst 

[GE]sehen: Marvel's The Avengers (Love HULK!)

[GE]lesen: Gustaf Gründgens von Thomas Blubacher

Vor[GE]freut: ProSpecieRara Setzlingsmarkt am 2. Mai in Wildegg  

[GE]ärgert: Über meinen Lieblingsfreund Erdoğan

Wieder[GE]funden: Stickübung(sieht meinem Schwesterherz verblüffend ähnlich)

[GE]hört: Temple of Love - Sisters of Mercy

[GE]lacht: Reiner-Calmund-Parodie auf SWR3
"Der Arzt sagte, ich solle gesünder essen. Zum Frühstück gab es 
Müsli und fünf Dresdner Stollen.Die waren zwar schon etwas trocken, 
aber die einzigen Rosinen, die ich im Haus hatte."


Freitag, 24. April 2015

Unglaublich aromatisches Bärlauchsalz



Schwesterherz hat am Sonntag mit U. eine Wanderung durch die Pampa unternommen. Bestellt war ein Säckchen voll Waldmeister, falls sie welchen finden würden. Gegen Abend klingelte es, Herr C. spurtete nach unten und kam freudenstrahlend mit zwei Tüten Bärlauch zurück. Bärlauch??? Suuuper, was soll ich denn damit? Völlig überrumpelt ging ich meine Bärlauchrezepte durch. Bärlauchpesto? Nee, das will keiner mehr. Bärlauchpesto mit getrockneten Tomaten? Jaahaa! Blick in den Vorratschrank: Getrocknete Auberginen, aber keine Tomaten. Mist. Bärlauchbutter? Buttervorrat überprüft und Herrn C. zum Petersilie kaufen losgeschickt. Bis zum Tatort hatte ich acht Rollen Kräuterbutter in den Tiefkühler verfrachtet. Trotz Erhöhung der Bärlauchmenge war aber immer noch eine halbe Tüte übrig. Wat nu? 


Plötzlich kam mir SarahMorenas Bärlauchsalz wieder in den Sinn. Ha, Salz ist immer vorrätig. Also alle übrigen Blätter fein püriert, den Gewürzschrank geöffnet und nach kurzer Musterung nur Persisches Blausalz, Lac Rose-, Himalaya- und Kala Namak Salz erspäht. Auf dem untersten Regal standen noch Maldon Sea Salt, zwei Sorten Rauchsalz, fünf Sorten Kräutersalz und je ein Säckchen grobes graues Salz aus der Normandie und von der Île de Ré. Aber weit und breit kein stinknormales feines Meersalz. Doppelmist. Wer ist so irre, mehr als ein Dutzend Salzsorten zu bunkern? Ähem.... Nächste Tat: Salzfass aus dem Schränkchen über dem Herd geangelt und den Inhalt abgewogen. Hundert Gramm zu wenig. Tripelmist. Jä nun, an einem Sonntagabend um 23h lässt sich daran auch nichts mehr ändern. Das Ergebnis war aber tiptop, salziger hätte ich es gar nicht gewollt. Unbedingt auf einem gekochten (Wachtel)Ei probieren, dazu angeröstetes, gebuttertes Bauernbrot. Heaven für Knoblauchliebhaber.

Für einen kleinen Vorrat :

  • 150 gr Bärlauch
  • 200 gr feines Meersalz

Gewaschene, trocken getupfte Bärlauchblätter grob zerkleinern und in den Mixbecher geben. Mit dem Pürierstab (ohne Flüssigkeitszugabe) zu feinstem Brei zerkleinern. Dauert zwar ein Weilchen, funktioniert aber viel besser als in einem Standmixer. Salz in den Becher geben, mit einem Löffel alles gründlich vermischen. Zwei Kreise aus Backpapier zuschneiden (d.h. etwas kleiner als die Dörrsiebe, wegen der Luftzirkulation). Masse gleichmässig darauf verstreichen und im Dörrer bei 35 Grad etwa 6 Stunden trocknen lassen, bis sich die Salzschicht leicht von der Unterlage lösen lässt. Backpapier abziehen, Brocken umdrehen, wieder auf die Unterlage legen und weitere 2-3 Stunden im Dörrer völlig durchtrocknen lassen. Unzerkleinert in einem dicht schliessenden Glas aufbewahren. Vor Verwendung mit den Fingern fein zerbröseln oder in einem Mörser zermahlen. Dunkel und trocken aufbewahren.

Und ab damit zu #EiNaB, wo Beiträge rund um das Thema Nachhaltigkeit gesammelt werden.


Mittwoch, 22. April 2015

Rezension: Veganer Käse von Miyoko Schinner


Veganer Käse, Miyoko Schinner
An industriell hergestelltem veganen Käse scheiden sich die Geister. Aus Zutaten wie Palmfett, Kokosöl, Kartoffelstärke, modifizierter Stärke, Stabilisatoren, Aromen, Trennmittel, Farb- und Konservierungsstoffen werden Imitate produziert, welche manchmal optisch an Käse aus tierischer Milch erinnern, aber geschmacklich Welten davon entfernt sind. Ich weigere mich standhaft, solche Chemiebomben zu konsumieren. Abhilfe schafft hier nur DIY. Meine bisherigen Erfolge beschränkten sich auf Streichkäse aus Cashews und Macadamias. Alle Versuche, schnittfeste oder gereifte/getrocknete Sorten herzustellen, hatten nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt. Manche waren ganz okay, einige aber auch ziemlich eklig, darum unterliess ich irgendwann weitere Experimente. Zufälligerweise stiess ich vor kurzem bei Recherchen zu einem anderen Thema auf das frisch im Unimedica Verlag erschienene Buch Veganer Käse von Miyoko Schinner.

Erster Eindruck:
In der Buchhandlung hätte ich es wohl nicht in die Hand genommen, da es mich auf den ersten Blick überhaupt nicht anspricht. Ich persönlich finde das Cover misslungen. Es gibt wesentlich hübschere Fotos im Buch, der dunkelbraune Hintergrund und auch die "käsige" Titelschrift sind mir nicht besonders sympathisch. (Update September 2015: Für die Neuauflage wurde ein anderes Cover und eine andere Schrift verwendet, siehe Foto).Zum Glück vergisst man das Äussere, sobald die ersten Seiten überblättert sind. Viele appetitliche Fotos, übersichtlich gegliederte Rezepte und dazu noch ein praktisches Lesebändchen. Das Format ist erstaunlich gross, andere Publikationen zu diesem Thema sind wesentlich kleiner und dünner.


Inhalt: 
Nach einer kurzen Einführung in die Käseherstellung folgen neun Kapitel voller Rezepte und Ideen. Als erstes wird die Herstellung von Rejuvelac (eine Art fermentierter Brottrunk) beschrieben. Diese Flüssigkeit sorgt dafür, dass sich ein langweiliger Nussbrei in einen geschmackvollen Käse verwandelt. Im ersten Kapitel dreht sich alles um gereifte Käsespezialitäten wie Cashew-Chèvre oder Macadamia-Ricotta. Das zweiten Kapitel befasst sich mit luftgetrocknetem Käse, das dritte stellt verschiedene schmelzfähige Sorten vor. Es geht aber auch schneller, wie das vierte Kapitel zum Beispiel anhand von Mandel-Ricotta oder Nuss-Parmesan beweist. Im fünften Abschnitt werden die Herstellung von Nussmilch, -joghurt und Kokosschlagsahne erklärt. Den Fondue- und Saucenliebhabern ist das sechste Kapitel gewidmet. In den Kapiteln 7 bis 9 werden mit den selbst produzierten Käsesorten Vorspeisen, kleine Gerichte, Hauptgerichte, Beilagen und Desserts gezaubert. Fast alle Rezepte sind mit einem seitenfüllenden Foto dekoriert, zudem wird der Leser mit Variationsmöglichkeiten und Tipps zur Aufbewahrung versorgt. Im Anhang finden sich noch ein nützliches Glossar und eine Nährwerttabelle, in der u.a. Kalorien, Eiweiss, Fett und Salz für jede Käsesorte bzw. jedes Gericht ersichtlich sind.


Nachgekocht:
Zuerst habe ich Rejuvelac angesetzt, was wirklich keine Hexerei ist. Roggenkörner zum Keimen bringen, mit Wasser bedecken, warten bis die Flüssigkeit anfängt zu blubbern et voilà, der Trunk ist einsatzbereit. Daraus gab es dann einen einfachen, fermentierten Cashew-Chèvre, der mit beliebigen Kräutern und Gewürzen verfeinert werden kann. In meinem Fall fein abgeriebene Orangenschale, Oregano und viel Pfeffer. Njammi! Der Cashew-Frischkäse wird eigentlich mit pflanzlichem Joghurt zubereitet, ich verwendete stattdessen ebenfalls Rejuvelac und das Ergebnis gefiel. Der Parmesan aus Walnüssen schmeckte sogar dem Herrn des Hauses und die fermentierte Sour Cream wird es sicher öfter geben. Die Alfredo-Sauce mit Weisswein und Knoblauch erinnerte mich persönlich zu sehr an rezentes Fondue, welches nicht gerade mein Leibgericht ist. Die Erdbeeren mit Zitronen-Chèvre-Topping trafen hingegen voll ins Schwarze.

Auf der To-Do-Liste stehen u.a. noch:

- Luftgetrockneter Emmentaler (mit Sauerkraut!)
- Luftgetrockneter Parmesan aus 4 Zutaten
- Mozzarella
- Spanakopita mit Tofu-Feta
- Luftig-leichter Käsekuchen
- Schoko-Käsekuchen

Einziges Manko: Bei mir wurden alle ausprobierten Sorten nicht schneeweiss wie auf den Abbildungen im Buch, sondern beige-braun. Wahrscheinlich liegt es an dem eher dunkeln Cashewbruch aus Vietnam, den ich im Asialaden um die Ecke fand. Teurere Nüsse aus Indonesien sind tatsächliche einige Nuancen heller, geschmacklich dürfte der Unterschied aber minimal sein. Sehr praktisch: Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Zutaten in einem guten Supermarkt erhältlich, exotischeres wie Agar-Agar oder Hefeflocken findet man im Bioladen. Spezielles Equipment ist nicht notwendig, aber ohne leistungsstarken Mixer oder Food Processor (für kleine Mengen reicht auch ein Zerkleinerer) geht nichts.

Fazit:
Wirklich empfehlenswert. Egal, ob man sich zum ersten Mal an die Herstellung von veganem Käse traut oder schon einige Erfahrungen auf diesem Gebiet hat.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte: Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den Unimedica Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.


Sonntag, 19. April 2015

12 x [GE] - Meine Hirnwindungen unter der Lupe (Reloaded)



Am Anfang meines Bloggerdaseins führte ich aus Spass an der Freude eine Rubrik namens 12 x [GE] ein. Doch schon nach kurzer Zeit begannen die Zweifel zu nagen. Wollte ich wirklich ungefiltert soviel Persönliches preisgeben? Die Folgen dieser Überlegungen führten zu einem abrupten Ende der Serie. Sehr bedauerlich, denn eigentlich sind solche Momentaufnahmen doch recht amüsant. Ausserdem hat sich meine anfängliche Gläserner-Mensch-Paranoia ein wenig gelegt. Ich bezweifle mittlerweile, dass irgendjemand anhand meines Getränkekonsums unsere Adresse herausfinden kann, und mir dann vor der Haustüre auflauert und eine Heirat anträgt. Oder so ähnlich. Es wurde Zeit für die Reanimation des kleinen Steno-Tagebuchs. Gedacht, getan. Eure Kommentare sind natürlich auch bei diesen Posts herzlich willkommen. (Heiratsanträge ausgenommen).


[GE]gessen: Ein Stück Frankfurter Kranz (mit Buttercrème!)

[GE]trunken: Fritz Cola

[GE]kocht: Salat aus rotem Spinat mit japanischem Sesamdressing

[GE]backenSchwarzes Sesambrot mit Tangzhong

[GE]wesen Auf dem Lörracher Markt

[GE]sehen God bless Ozzy Osbourne auf ARTE

[GE]lesen As Always, Julia: The Letters of Julia Child & Avis de Voto

[GE]freut:  Über den gewonnenen Gutschein von Schwarzenbach

[GE]ärgert: Über die unzuverlässige Post

[GE]kauft: Ein Chacheli mit Spritzdekor (zwischen Ente & Eierbechern)

[GE]hört:  Ride like the Wind von Christopher Cross

[GE]lacht:  
Über die Kleinanzeige: "Gacklong zu verkaufen"
Gemeint war wohl ein Caquelon. Hoffe ich zumindest.


Donnerstag, 16. April 2015

Gelée aus Zierquittenblüten



Nicht nur die Früchte der Zierquitte sind nutzbar, auch die Blüten, die zwischen März und Mai erscheinen, können zu Gelée oder Sirup verarbeitet werden. Die Anleitung dazu habe ich dem sehr empfehlenswerten Büchlein Wildblüten- & Kräutergelées von Evemarie Löser entnommen. Zierquittensträucher werden oft nur ihrer dekorativen Wirkung wegen angepflanzt, denn die verhältnismässig grossen Blüten in diversen Rotschattierungen sind im Frühling ein Zierde für jeden Garten.


Nur wenige Leute nutzen Blüten oder Früchte für kulinarische Zwecke, deshalb wird eine Pflückanfrage bei Strauchbesitzern meist positiv ausfallen. Das Gelée schmeckt blumig-fruchtig mit einer kräftigen, grünen Bittermandelnote. Es ist sozusagen die grosse Schwester des Schlehenblütengelées, weil es geschmacklich komplexer, aber nicht weniger gefällig ist. Eine spannende und exklusive Bereicherung des Frühstücktisches, bei der es sich lohnt, gleich ein paar Gläser mehr zu produzieren. 


Für 4 Gläser à 250 ml:

  • etwa 1,5 Liter Blüten = ca. 220 gr
  • ca. 1,2 Liter klarer Apfelsaft

Blüten von Stengelresten, Blättern und Insekten befreien. In ein 1,5 Liter fassendes Einmachglas schichten, leicht andrücken und mit dem Apfelsaft bis 2 cm unter den Rand übergiessen. Mit einer kleinen Untertasse beschweren, damit die Blüten nicht an der Oberfläche treiben. 24-48 Stunden an einem nicht zu kühlen Plätzchen (bei mir auf der Terrasse, wo tagsüber kräftig die Sonne schien) ziehen lassen, bis sich der Apfelsaft rötlich gefärbt und den Duft der Blüten angenommen hat. Zuerst durch ein feines Sieb abgiessen. Blüten entsorgen und die aufgefangene Flüssigkeit noch durch einen Kaffeefilter laufen lassen, damit das Gelée nachher keine unerwünschten Partikel enthält.

  • 1,1 Liter Saft
  • 550 gr Bio-Gelierzucker 2:1

Saft abmessen und mit der entsprechenden Menge Gelierzucker in einem grossen Topf zum Kochen bringen. Fleissig abschäumen, 5 Minuten sprudelnd kochen lassen und heiss in die ausgekochten Gläser abfüllen. Deckel fest zuschrauben und unter einem Tuch langsam abkühlen lassen. Wenn sauber gearbeitet wurde, sollte das Gelée mindestens ein Jahr haltbar sein. Nach Anbruch im Kühlschrank lagern.


Sonntag, 12. April 2015

Zitrussorbet mit Kurkuma, Ingwer und Galgant



Immer wieder werde ich gefragt: Warum hältst du dich nicht einfach ans Rezept? Eine gute Frage, die ich mir auch schon oft gestellt habe. Nehmen wir beispielsweise Jenni Brittons Influenza RX Sorbet. Orangen hatte ich zwar genug, aber da waren noch die zwei rosa Grapefruits, die schon viel zu lange in der Obstschale lagen. Zucker- und Honiganteil waren mir ein wenig zu hoch, und flüssiges Pektin scheint vor etwa 20 Jahren ausgestorben zu sein. Auf der Suche nach einem Ersatzprodukt, fand sich im Schrank noch eine Packung 3:1 Gelierzucker. Cayennepfeffer fiel wegen Herrn C. weg, dafür würzte ich aus einer Laune heraus noch mit Kurkuma und Galgant. Der gute Whiskey ist schon länger alle, aber Rum passt doch auch hervorragend zu Zitrusfrüchten. Oder etwa nicht? Und wenn wir schon dabei sind, erhöhen wir doch gleich noch die Gesamtmenge, dann lohnt sich der Aufwand auch. Ergebnis: Sonnengelb, exotisch, würzig, nicht zu süss, mit einem Hauch Rum, erfrischend und besser, als alle Sorbets, die ich je geniessen durfte. Frage beantwortet?


Für etwa einen Liter Sorbet:

  • 480 ml frisch gepresster Orangensaft (11 Saftorangen)
  • 240 ml frisch gepresster rosa Grapefruitsaft (1-2 Grapefruits)
  • 120 ml frisch gepresster Zitronensaft (4 kleine Zitronen)
  • 150 gr Bio-Gelierzucker 3:1 
  • 50 gr Zucker
  • 70 gr heller Blütenhonig
  • 1/4 Tl Ingwerpulver
  • 1/4 Tl Kurkumapulver
  • 1/8 Tl gemahlener Galgant
  • 1 Prise Salz
  • 2 El brauner Rum (Coruba)

Alle Zutaten bis und mit Galgantpulver in einen Topf geben und zum Kochen bringen. Zwischendurch umrühren, damit nichts anbrennt. Zwei Minuten sprudelnd kochen lassen, vom Herd nehmen und den Topf in die Spüle stellen. Kaltes Wasser einlaufen lassen, bis der Topf mindestens zur Hälfte im Wasser steht. Rum zugeben und so lange rühren, bis die Flüssigkeit abgekühlt ist. Zwischen Topf und Deckel ein Küchentuch legen (saugt Kondenswasser auf), dann über Nacht in den Kühlschrank stellen.

Am nächsten Morgen kann der Topfinhalt leicht angeliert, d.h. ein bisschen wobblig sein. Kurz durchrühren und nach Gebrauchsanweisung in der Eismaschine gefrieren lassen. Unterdessen eine Tupperschüssel 30 Minuten im Tiefkühler vorkühlen und aus Backpapier eine passende Abdeckung ausschneiden. Nach 45 Minuten fülle ich das Eis in die vorgekühlte Schüssel, vorsichtig den Backpapierdeckel andrücken und ab damit in den Tiefkühler. Nach 4-5 Stunden ist das Sorbet fester und servierbereit. Erst dann, also wenn das Eis fest ist, mit dem Deckel verschliessen. Das Backpapier nicht entfernen, es sorgt dafür, dass sich auf der Oberfläche keine gummige Schicht oder Eiskristalle bilden. Das Sorbet übersteht locker mehrere Wochen im Tiefkühler und behält dabei seine crèmige Konsistenz. Tipp: Schüssel 10 Minuten vor dem Servieren aus dem TK holen und Deckel abnehmen. Danach lässt es sich besser portionieren.


Mittwoch, 8. April 2015

Rezension: Wilde Waldküche von Linda Louis


Frei nach Magnum: Ich weiss, was Sie jetzt denken, und Sie haben Recht. Buchbesprechungen, die durchgehend positiv sind, wirken verdächtig. Irgendetwas gibt es doch immer zu bemängeln, selbst wenn es nur die Farbe der Fussnoten ist. Zugegeben, das Kapitel über Pilze hätte ich persönlich nicht sonderlich vermisst. Aber auch nur, weil für die ungekrönte Königin der Orientierungslosigkeit ein Ausflug in die Tiefen des Waldes, jenseits von Wegen und Wegweisern, garantiert verhängnisvoll enden würde. Und das ist keine Übertreibung. Wer es schafft, sich im Stadtpark zu verirren, sollte sich definitiv ein anderes Hobby als Pilzsammeln zulegen. Zurück zum Thema. Viele Kochbücher über essbare Wildpflanzen sind leider unvollständig, weil zu wenig auf die Grundlagen (wie Verwechslungsgefahr, Verhalten beim Sammeln etc.) eingegangen wird. Oft wird vorausgesetzt, dass der Leser umfangreiches Wissen oder entsprechende Fachliteratur besitzt. Umgekehrt gibt es einige Bücher, in denen essbare Wildpflanzen zwar ausführlich vorgestellt werden, die Rezepte aber eher rudimentär sind. Wilde Waldküche von Linda Louis hingegen bietet auf über 300 (!) Seiten eine vertiefte Einführung UND supertolle Rezepte.

Erster Eindruck:
Mir gefällt das schlicht gehaltene, appetitliche Cover und auch das Format finde ich ziemlich praktisch. Zwar ist es grösser und schwerer als ein kompaktes Bestimmungsbuch, aber es passt immer noch gut in einen Rucksack oder einen Korb, falls man es zum Sammeln mitnehmen möchte. Angenehm griffiges Papier, viele ansprechende Fotos, übersichtlich gegliedert und sympathisch geschrieben. Immer informativ, aber nie schulmeisterlich belehrend oder erschlagend. Mit anderen Worten: Es hagelt Pluspunkte! :-)

Inhalt:
Zuerst wird die Auswahl der 32 porträtierten Sorten erklärt, denn natürlich kann das Buch nur einen kleinen Einblick in die grosse Vielfalt der essbaren Wildpflanzen bieten. Wichtigste Kriterien waren, dass sie schmackhaft und leicht zu erkennen sind, damit die Verwechslungsgefahr minimiert wird. Auf der folgenden Doppelseite werden die Gesetze des Waldes bzw. die gesetzlichen Grundlagen erläutert. Zwar finden sich hier nur die Bestimmungen für Deutschland, aber Schweizer und Österreicher können sich entsprechend im Internet informieren. Als nächstes geht die Autorin auf die Risiken beim Sammeln und Verzehren ein. Damit soll dem Leser keine Angst eingejagt, aber das Bewusstsein für eventuelle Risiken und Krankheiten (beispielsweise Fuchsbandwurm und Borreliose) geschärft werden. Es folgen die Goldenen Regeln fürs Sammeln, inklusive Tipps zur richtigen Ausrüstung. Ein Überblick über verschiedene Aufbewahrungs- und Konservierungsmethoden, wie Trocknen, Einfrieren und Einlegen, beschliesst den Theorieteil. Auch die Milchsäuregärung kommt dabei vor, was mir natürlich besonders gut gefällt. Die hier aufgezählten Basisinformationen sollten immer am Anfang (oder zumindest am Ende) eines Kochbuches über Wildpflanzen zu finden sein, daher ein Kompliment an die Autorin und den Verlag.


Der zweite Teil besteht aus Pflanzenporträts und Rezepten, die in folgende Kapitel unterteilt sind:

- Waldgemüse und Kräuter (z.B. Bärlauch, Knoblauchsrauke, Waldsauerklee, Waldspargel)
- Hecken und Sträucher (u.a. Hagebutte, Brombeere, Haselnuss, Schlehe)
- Bäume (wie Birke, Fichte, Mispel, Robinie)
- Pilze (beispielsweise Edelreizker, Schopftintling, Totentrompeten)

Zuerst wird die jeweilige Pflanze ausführlich vorgestellt und die wichtigsten Merkmale übersichtlich in einem Steckbrief zusammengefasst. Nach den Tipps und Tricks zur richtigen Verarbeitung folgen die durchgehend bebilderten Rezepte. Die Fotos sind sehr gelungen und wirken, passend zum Thema, wunderbar bodenständig. Die phantasievollen, aber nie komplizierten Gerichte umfassen Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts, Snacks und Eingemachtes. Ich hätte gerne so ziemlich alles ausprobiert, doch leider bin ich seit mehreren Wochen wegen einem Bänderriss handicapiert. Für einige Wildpflanzen ist es auch noch zu früh im Jahr, daher kann ich euch nur eine Aufzählung der geplanten Kochorgie(n) liefern.


Unbedingt ausprobieren muss ich:

- Milchsauer eingelegte Brennesseln mit Wurzelgemüse
- Rohe Frühlingsrollen mit Knoblauchsrauke
- Griechische Spanakopita mit Lungenkraut
- Vegane Mayonnaise mit Waldsauerklee
- Fladenbrot mit Waldspargel
- Veilchenbutter
- Waldketchup mit Hagebutten
- Eichhörnchenkuchen mit Haselnüssen und Kastanienmehl
- Warmer Holundercrumble
- Likör aus Schlehenschösslingen
- Kastanienmilch
- Pannacotta mit Robinienblüten
- Wein aus Wildkirschenblättern
- Käsecracker mit Wildäpfeln und Kürbiskernen
- Knuspermüsli mit Wildbirnen
- Veganer Brotaufstrich aus Waldpilzen und Räuchertofu
- Omelette mit Wirsing und Totentrompeten
- Tapenade aus Totentrompeten

Langeweile kommt hier definitiv nicht auf. Viele der Rezepte sind vegetarisch, einige auch vegan. Oft werden vegane Alternativen aufgeführt, wie beispielsweise bei der Robinien-Pannacotta, die auch aus Mandelmilch und Mandelsahne zubereitet werden kann. Einige Gerichte können auch mit gekauften Zutaten nachgekocht werden. Ich denke da spontan an Wildspargel, Bärlauch und Waldpilze vom Markt, Beeren vom Feld, Hagebuttenmark aus dem Bioladen, Kastanien aus dem Tiefkühler oder getrocknete Totentrompeten. 

Fazit:
Nichts zu meckern, nichts zu bemängeln. Rien du tout. Ein neues Lieblingskochbuch, welches für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermassen geeignet ist. Uneingeschränkte Kaufempfehlung meinerseits, auch wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte: Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den Hädecke-Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.