Nachdem ich
dieses Interview bei Plötz gelesen hatte, nahm ich mir vor, den Verlag baldmöglichst um ein Rezensionsexemplar zu bitten. Doch kurze Zeit später entdeckte ich, dass meine Bibliothek das Buch
Köstliches von der Müllerin neuerdings im Ausleihkatalog führt. Anfang März konnte ich es abholen und fand schon beim ersten Durchblättern einige ansprechende Rezepte. Zu Hause las ich es mehrmals gründlich durch und schlussendlich überwog die Enttäuschung.
Erster Eindruck:
Handliches Format, ansprechende Fotos, nettes Cover.
Inhalt:
Die Einführung bzw. der Theorieteil sind interessant. Eine Portion Allgemein- und Fachwissen, dazu ein bisschen unaufdringliche Werbung für die Mühle. Störend fand ich allerdings die Behauptung, dass "billiges" Dinkelmehl aus dem Supermarkt bis zu 20% Weizenmehl enthalten kann. Eine so schwerwiegende Aussage ohne weiterführende Erklärungen (gesetzliche Grundlagen, Quellenangaben) abzudrucken, ist meiner Meinung nach unseriös. So wird unterschwellig der falsche Eindruck vermittelt, Mehl aus dem Supermarkt sei generell minderwertig. Die internationale Mehtypentabelle auf den folgenden Seiten ist zwar sehr nützlich, aber dank der kleinen Schriftgrösse und dem bunten Hintergrund kaum zu entziffern.
Anschliessend folgen die Rezepte, die in mehrere Kapitel unterteilt sind. Was mir sofort ins Auge sprang, ist die reichliche Verwendung von Eiern. Durchgehend mit dem Zusatz "Bio", aber immer ohne Grössenangabe. Ist ja nett, dass soviel Wert auf biologisch erzeugte Zutaten gelegt wird, aber eine Gewichts- oder Grössenangabe wäre viel nützlicher gewesen. Bei sechs Eiern in einem Kuchen, ist der Mengenunterschied zwischen den Grössen S, M, L oder XL nicht zu unterschätzen. Ich hätte es auch sehr praktisch gefunden, wenn die eher ungewöhnlichen Zutaten abgebildet und Bezugsquellen angegeben worden wären. Beispielsweise wird fast durchgehend "heller Rohrohrzucker" verlangt. Doch wie hell ist hell? Apropos Bezugsquellen, die scheinen irgendwo untergegangen zu sein. Ein Schelm, wer da an Konkurrenzneid denkt. Gerne hätte ich das eine oder andere Mehl/Getreide aus der Drax-Mühle ausprobiert, doch bei der Mindestbestellmenge von 19 Euro musste ich leider passen. Ich kaufe lieber vorzu Mehl von regionalen Mühlen (u.a. auch im Supermarkt), als gezwungenermassen grosse Mengen im Internet ordern zu müssen.
Auf die Kapitel mit den Brot- und Brötchenrezepten hatte ich mich am meisten gefreut, doch leider sind die Hefemengen durchgehend zu grosszügig bemessen. Osterfladen, Hefezopf und Zimtschnecken werden sogar mit 42 Gramm Hefe auf 1/2 Kilo Mehl zubereitet. Bei einer solchen Überdosierung darf man sich über einen hefigen Nebengeschmack und schnelles Austrocknen nicht wundern. Auch die Gehzeiten sind mehrheitlich sehr knapp bemessen. Für erfahrene Hobbybäcker kein Problem, aber Anfänger könnten damit das eine oder andere Desaster erleben.
Eine Sache ist mir noch sauer aufgestossen. Auf Seite 156 findet sich ein Rezept für Blinis mit Räucherlachs. Nicht die klassischen mit Buchweizenmehl, sondern auf der Basis von 5-Korn-Flocken. Holla, das kam mir aber sehr bekannt vor.
Meine Blinis basieren auf diesem Rezept für
5-Korn-Blinis von Zwicky, welches schon jahrelang online abrufbar ist. Im Buch gibt es in der Zutatenliste zwei winzige Änderungen (Frisch- statt Trockenhefe, Kokosöl statt Butter zum Braten), doch das Vorgehen wurde 1:1 übernommen. Einen Hinweis auf die Urheberschaft habe ich vergeblich gesucht. Peinlich, peinlich...
Was meint der Magen:
Die Zutatenliste der Rohrnudeln verlangt "evt. 1 El Vanillepuddingpulver". Weder im Einleitungstext noch in der Anleitung fand sich eine Erklärung dafür. Hätte gerne erfahren, was das Pulver bewirken soll und was passiert, wenn es weggelassen wird. Ich liess es weg und fand die Rohrnudeln trotzdem gut. Aber optisch waren sie eine Katastrophe. Die angegebene Formengrösse von 21x25 cm ist für die Teigmenge viel zu klein. Die Bällchen quollen über die Ränder, wo der Teig anbuk und viel zu dunkel wurde.
Der Bohnenbrotaufstrich aus Dosenbohnen und Mandelmus war okay, hat mich aber nicht aus den Socken gehauen. Das Mandelmus hätte ich mir sparen können, es ging neben dem Knoblauch und den Gewürzen total unter.
Beim veganen Kuchen tauchte ein Mengenproblem auf: Wieviel ist bzw. fasst eine kleine Tasse Öl? Ich entschied mich für 150 Milliliter, was hinzukommen scheint. Die Backzeit änderte ich auf 45 Minuten bei 160 Grad, bis die Stäbchenprobe klappte. Dank nur einer Msp Vanille(pulver) und einer Msp Zimt schmeckte er völlig neutral. Ausbaufähig.
Der warme Frühstücksbrei für Veganer aus Wasser und Mehl war einfach nur eklig. Nach der angegebenen Kochzeit von 2-3 Minuten schmeckte die Pampe unangenehm mehlig, einige Minuten später nach ungewürzter Béchamelsauce.
Die Maurerloible, Semmeln aus Roggen- und Weizenmehl mit Vorteig, waren mein persönliches Highlight und das einzige Gebäck, welches mir rundum gefiel.
Fazit:
Sehr durchzogen. Keine Empfehlung von meiner Seite, obwohl das Buch ein paar nette Rezepte beinhaltet.