Anfang der 1990er, als ich noch jung, hübsch und knackig war, startete ich meine Karriere als Queen of se Rüeblitorte. Erste Anlaufstelle für Inspirationen war damals der Schrank, in dem meine Frau Mama ihre umfangreiche Betty Bossi Sammlung verwahrte. Vielleicht stammt das Rüeblikuchenrezept aus einem dieser Kochheftli. Völlig sicher bin ich mir allerdings nicht, es könnte ursprünglich auch in einem Klatschheftchen erschienen sein. Meine Tante selig kaufte davon jede Woche etwa ein halbes Dutzend, die dann, warum auch immer, bündelweise bei uns zu Hause landeten. Zu meiner grossen Schande muss ich gestehen, dass ich die Lieferungen kaum erwarten konnte. Royale Fehltritte? Bilder von angeblichen Marsmenschen? Sichtungen des Yeti samt Verwandtschaft? Geheimnis des Bermudadreiecks gelüftet? Schlagerstar in flagranti mit Haarstylistin/Putzfrau/Jockey erwischt? Her damit! Ob wahr oder nicht, war mir herzlich egal. Faszinierender Lesestoff war es allemal. Und so unglaublich bereichernd für die Allgemeinbildung.... *hüstel*....
- ca. 320 gr bunte oder orange Karotten, möglichst dicke Exemplare
- 200 gr Butter
- 4 Eier Grösse L
- 220 gr weisser oder brauner Rohrzucker
- 1 Prise Salz
- ein bombierter Tl Zimt
- 1/2 Tl Piment, fein gemahlen
- ein bombierter 1/4 Tl Nelkenpulver
- ein gehäufter 1/4 Tl gemahlener Ingwer
- 1/4 Tl Kardamompulver
- 1/8 Tl frisch geriebene Muskatnuss
- 250 gr fein gemahlene Mandeln
- Saft und fein abgeriebene Schale einer grossen Bio-Zitrone
- 350 gr Mehl
- 10 gr Weinsteinbackpulver
Form mit Backpapier auslegen oder grosszügig ausbuttern. Karotten gründlich putzen oder schälen, Enden kappen und fein raffeln. 250 Gramm abwiegen und in eine Schüssel geben. Butter schmelzen und kurz abkühlen lassen. Unterdessen Eier mit Zucker, Salz und Gewürzen zwei Minuten mit dem Handmixer auf mittlerer Stufe verquirlen. Auf die niedrigste Einstellung zurückschalten und die lauwarme Butter langsam zugiessen. Zuerst die geraffelte Karotten, dann die gemahlenen Mandeln, Zitronensaft und -schale untermischen. Mehl und Backpulver portionsweise einarbeiten. Nicht zu lange rühren. Sobald der Teig glatt ist, in die Form füllen. Auf der zweiten Schiene von unten 45-55 Minuten bei 180 Grad backen, bis der Stäbchentest positiv ausfällt. Aus dem Ofen holen, auf ein Gitter stellen und in der Form auskühlen lassen. Der würzige Geschmack steigert sich immens, wenn der Kuchen mindestens über Nacht durchziehen darf. Wir, d.h. Familie, Freunde und ich, sind uns übrigens einig, dass dies einer der wenigen Kuchen ist, der von einem Zuckerguss profitiert. Darum 1/2 Päckchen Puderzucker mit wenig frisch gepresstem Zitronen- oder Limettensaft zu einer äusserst dickflüssigen Pampe verrühren. Auf den noch heissen Kuchen giessen und möglichst gleichmässig mit einem Pinsel oder Gummischaber verstreichen. Eventuell eine zweite, dünnflüssigere Glasur anrühren und die Oberfläche erneut bepinseln, falls die erste Schicht nicht deckend ist. Erst anschneiden nachdem der Kuchen durchgezogen bzw. die Glasur ausgehärtet ist. Reste dieses feuchten Kuchens halten sich problemlos eine Woche und länger.
Ich wünsche euch einen angenehmen Sonntag und bitte entschuldigt meine Eile. Ich muss nämlich dringend dem Bahnhofskiosk einen Besuch abstatten und herausfinden, ob "Das Güldene Blatt" noch existiert. Oder "Die Farbenprächtige". Zur Not nehme ich auch den "Stern"....
Oh, ich sehe diesen herrlich saftigen Kuchen erst jetzt. Puh, zum Glück habe ich noch Kuchen im Kühlschrank, sonst würde ich jetzt sehr, sehr neidisch sein. ;-)
AntwortenLöschen