Seiten

Sonntag, 18. Januar 2015

Hiobstränen mit Rosenkohl



In Shops mit asiatischen Spezialitäten bin ich immer alleine anzutreffen. Erstens weil Herr C. den typisch würzigen, leicht fischigen Geruch nicht ausstehen kann und zweitens, weil ich seiner Meinung nach viel zu langsam bin. Er stürmt rein, checkt die fixfertigen Nudelgerichte durch und steht schon wieder draussen, bevor ich mir überhaupt einen Einkaufskorb über den Arm hängen konnte. Zumindest ist es eine Win-Win-Situation. Er sucht sich dann ein bequemes Plätzchen, kann gemütlich rauchen und nebenbei Telefonate erledigen, während ich in Ruhe, und ohne schlechtes Gewissen, die Regale nach unbekannten/neuen Produkten durchstöbere.


Beim letzten Besuch im Lieblingsshop bummelte ich wieder alle Gänge ab, und da lag zwischen den Adzukibohnen und der Tapiocastärke ein neuer Karton. Zuerst dachte ich, es wären Päckchen mit unförmigen Gerstengraupen. Erst beim näheren Hinsehen entdeckte ich in der linken Ecke die lustige Beschriftung: Job's Tears. Plötzlich begann es in meinem Kopf leise zu klingeln. Aber auch nach angestrengtem Hirnen kam ich nicht auf die Querverbindung. Zu Hause spuckte Tante Google dann folgende Informationen aus: Kann anstelle von Gerste in salzigen und süssen Gerichten verwendet werden, und im Fernen Osten wird daraus Tee gebraut (mehr Infos dazu bei missboulette). 

Die Hiobsträne (lat. Coix lacryma-jobi) gehört zur Familie der Süssgräser und wird vorwiegend in Asien angebaut. Erstaunlicherweise gedeiht sie aber auch im kühleren Europa ziemlich gut (siehe hier). Ihre dekorativen Scheinfrüchte werden in einigen Ländern zu Schmuck und Rosenkränzen verarbeitet, die Pflanze dient aber auch als Tierfutter. Im Asialaden um die Ecke kostet ein halbes Kilo 2 Euro und ein paar Zerquetschte, also ein erschwingliches Vergnügen. Einweichen ist bei geschälten Körnern unnötig und nach dem Kochen können sie einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt oder eingefroren werden.* Auf 2-2,5 Teile Wasser kommt ein Teil Hiobstränen. Salzen und 50-60 Minuten ohne Deckel kochen, bis die Körner weich sind. Oder 40 Minuten kochen, Deckel auflegen und 30 Minuten auf der warmen Herdplatte ziehen lassen. Eine Tasse/150 gr getrocknete Hiobstränen ergeben etwa 400 gr gekochte Körner. Geschmacklich erinnern sie an nussigen, leicht erdigen Mais und passen meiner Meinung nach sehr gut zu kräftigem Wintergemüse. Wer Rosenkohl nicht mag, kann ihn durch die gleiche Menge Karotten oder Navets ersetzen.


Für 4 Personen als Hauptgericht:

  • 500 gr Rosenkohl
  • 2 El Butter oder Olivenöl
  • 400 gr gekochte Hiobstränen
  • Kräutersalz, Sumach, schwarzer Pfeffer
  • 2 El Crème fraîche (optional)

Rosenkohl putzen, d.h. die äussersten welken Blätter entfernen und den Strunk kürzen. Waschen, abtropfen lassen und mit einem scharfen Messer halbieren. Butter oder Öl in einer grossen Pfanne erwärmen, Rosenkohl mit der Schnittfläche nach unten nebeneinander in die Pfanne legen. Bei mittlerer Hitze etwa 5-7 Minuten anbraten, bis die Schnittflächen leicht gebräunt sind. Umrühren, Hitze hochdrehen, einen Schluck Wasser zugeben und schnell den Deckel auflegen. Nach 2-3 Minuten sollten die Röschen knapp gar sein. Hiobstränen in die Pfanne geben, kräftig würzen und rührbraten, bis der Rosenkohl durch und die Körner leicht angebraten sind. Wer mag, rührt am Schluss noch die Crème fraîche unter. Heiss servieren. 

*Einweichen verkürzt die Kochzeit aber enorm. 12 Stunden in reichlich kaltem Wasser einweichen, 5-10 Minuten mit einer Prise Salz kochen und etwa 15 Minuten auf der heissen Herdplatte ausquellen lassen. 


10 Kommentare:

  1. Ein informativer Beitrag, der mir sehr gefällt. Man lernt doch immer dazu.

    AntwortenLöschen
  2. Das ist ja interessant! Danke dafür.

    Und mir geht's ähnlich - ich brauche in Asiashop immer ewig... ;-)

    AntwortenLöschen
  3. Zum Glück stöbert Herr H. auch gern im Asia-Laden, zumindst so ein halbes Stündchen. ;-)
    Die Hiob-Tränen habe ich allerdings noch nie gesehen, ich werde Ausschau halten! Danke.

    AntwortenLöschen
  4. Mhmmmm.... schaut das lecker aus! Sehr interessant, hab ich ich noch nie gesehen und der aAme ist auch echt witzig. ^^ Erinnert mich bisserl an große Ebli, diese wEizenkörner...
    GLG, MamaMia

    AntwortenLöschen
  5. Ach, die Hiobtränen sind doch auch immer in diesen Gesundheits-Suppenmischungen aus Trockengemüse und Getreide, die man im Asiashop immer findet. So alleine sind die mir noch nie aufgefallen - ich muss auch mal Ausschau halten. Ich halte mich nämlich auch gerne und ausgiebig in Asia-Shops auf :-)

    AntwortenLöschen
  6. Ich bin zuhause auf die sehr gesundheitsfördernde Wirkung dieser Tränchen gestoßen. Habe MS und bin daher immer offen für solche neuen Lebens-Mittel. Im Thailand-Urlaub dann gleich mal 5 Packs gekauft und auch dort gepoppte Tränen mit Chili und Algen geknabbert.

    Versuche sie heute als Beilage zu Kohlrabi-Tomatengemüse.

    AntwortenLöschen
  7. Hallo Carmen

    Danke für deinen Kommentar. Ich habe auch schon einiges über die (angeblich) gesundheitsfördernden Eigenschaften von Hiobstränen gelesen, allerdings gebe ich sie auf meinem Blog nicht weiter, da ich niemandem falsche Hoffnungen machen möchte. Bei mir geht es vorrangig um den Geschmack, und falls ich meiner Gesundheit damit etwas Gutes tue, um so besser. Aber da die Wirkung von Mensch zu Mensch grundverschieden sein kann, weigere ich mich, meine Gerichte als "Heilmittel gegen dieses oder jenes" anzupreisen. (Ausnahme: Wenn ich bei mir eine Wirkung feststelle, schreibe ich das auch hin). Bestes Beispiel: Bei Magenschmerzen trinke ich gerne Orangenblütentee, der bei mir (fast) immer zu einer Linderung führt. Meine Mutter hingegen verspürte auch nach mehreren Anwendungen keinerlei Wirkung und mein Ex-Mann behauptete, dass die Magenschmerzen davon nicht besser werden, er aber danach immer sehr schläfrig sei. Drei Leute, drei völlig unterschiedliche Wirkungen. Nicht repräsentativ, aber es regt zum Nachdenken an.

    Ich hoffe und wünsche dir natürlich trotzdem, dass die Hiobstränen zu deinem Wohlbefinden beitragen.

    Ganz liebe Grüsse

    AntwortenLöschen
  8. Apropos Orangenblüten -- solche Geschichten gibt's auch bei zugelassenen Arzneimitteln. Ich erinnere mich, dass ich mal ein Mittel gegen niedrigen Blutdruck nach kurzer Zeit abgesetzt habe, weil es mich so zittrig und wacklig auf den Beinen machte, dass ich nirgendwo ausser im Bett gut aufgehoben war. Eine Freundin hatte, wie ich bei der Gelegenheit erfuhr, das Mittel auch kurz genommen und aufgegeben, weil sie keinerlei Wirkung verspürte. Ein oder zwei Jahre später lernte ich bei einem Kongress eine Dame kennen -- die war auf das Zeug süchtig! (Ich bin mit ihr kreuz und quer durch Straßburg gewandert, um eine Apotheke zu finden, welche die "forte"-Version des Mittels vorrätig hatte.)

    Warum mir das gerade jetzt einfällt? Weil ich gestern abend das obige Rezept nachgekocht habe -- wobei ich allerdings den nicht verhandenen Sumach durch einen Schwapps Weißwein ersetzt habe. Meinem Mann schmeckt's garnicht (und das liegt nicht am Rosenkohl; den mag er eigentlich immer sehr gern); ich dagegen finde es umwerfend gut! Da werde ich wohl in Zukunft öfters mal zwei verschiedene Beilagen kochen müssen. De gustibus etc.

    Da dies mein erster Kommentar auf dem Blog ist, möchte ich nicht versäumen, mich ganz herzlich für die vielen anregenden Rezepte, Tips und Links zu bedanken. Der Blog ist eine echte Küchen- und Lebensbereicherung!

    Mit freundlichen Grüßen,

    AntwortenLöschen
  9. Herzlichen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. :-)

    P.S. Herr C. ist auch kein Fan von Hiobstränen (egal ob mit oder ohne Rosenkohl), aber wenn ich sie in einem Brot verbacke, findet er den leicht erdigen Geschmack überaus toll. Tstststststs....

    AntwortenLöschen